Domino Record Co / VÖ: 31. August 2018 / Indie Rock
annacalvi.com
Text: Michael Bohli
Die Geschlechter und die Sexualität sind wichtige Diskussionspunkte in dem aktuellen Zustand unserer Gesellschaft. Gerade im Bezug der immer noch vorherrschenden Ungerechtigkeiten und oft unmerklichen Unterdrückungen kann es allen schnell unwohl werden. Mit „Hunter“ hat sich Anna Calvi nun diesen Punkten und vor allem den eigenen Zweifeln angenommen, und versucht das Negative in eine losgelöst Freiheit zu verwandeln. Mit wundervollen Songs, irgendwo zwischen dunklem Alternative Rock, kratzigem Indie und einem übrig gebliebenen Hauch von Goth-Romantik. Bereits mit den Titeln wie „Don’t Beat The Girl Out Of My Boy“ ist klar, wohin diese Aussagen zielen.
Konkret, direkt und voller Aufrichtigkeit – so zeigt sich die englische Musikerin Anna Calvi auf ihrem dritten Studioalbum. Begleitet von talentierten Musikern, entfaltet sich vor den Hörerinnen und Hörer ein Wechselbad der Gefühle und der Tempi. Eben erwähnter Song startet nicht nur beschwingt und positiv, sondern verpackt auch die brutalen Konfrontationen der Geschlechterrollen im jungen Alter mit viel Energie. Allgemein findet Anna immer die richtigen Melodien und Worte für ihre Songs, „Chain“ ist ergreifend und riesig, „Indies Or Paradise“ bietet packende Grooves und ein dunkle Atmosphäre – wilde Gitarrenfeedbacks inklusive.
Klar, Anna Calvi hat sich hier ein schwieriges und leider immer noch unendlich komplexes Thema ausgesucht. Doch dank der persönlichen Herangehensweise und der berührenden Offenheit ist „Hunter“ nie zu forciert oder klischeebeladen. Viel mehr erhält man hier ein gutes Album der feministischen Rockmusik und ein weiterer Treffer dieser Künstlerin. Dass es für sie selber auch wichtig war und funktioniert hat, das zeigt sich klar beim Abschluss mit „Eden“. Katharsis, Erlösung und Hoffnungsschimmer – in vier Minuten löst man sich vom dreckigen Boden und gleitet in den klaren Himmel.