20. Mai 2017
Rote Fabrik – Zürich
Bands: Peaches / Jessiquoi
Peaches kennt nichts, Peaches ist … eben Peaches. Bei einem Konzert von ihr geht es eben nicht nur um Musik. Man findet sich in einem Gesamtkunstwerk wieder, einer genau abgestimmten Gesamtperformance. Dröhnende Musik, dickbassig produziert, tanz- und sexlüstern inszeniert. Die kanadische Art-Pop-Provokateurin Merrill Nisker, bekannt unter dem Namen Peaches, liess nichts aus und forderte nicht nur mit ihren Lyrics, sondern auch mit stets zu den Texten passenden Outfits und den entsprechend vieldeutigen Tanzeinlagen.
Die Musik besteht oftmals aus kaum mehr als Rhythms aus der Maschine, ab und an mal einer elektronischen Basslinie und vielleicht mal einer geraden, verzerrten Gitarre. Dazu mengt sie meist ihren Sprechgesang, der extrem stark daherkommt. Klar, die Musik kommt ab Konserve, aber es geht ja eben auch um die Performance und vor allem um die Texte. Und gerade beim Gesang zeigt Peaches eine unglaubliche Ausdauer, sie ist unheimlich fit! Selbst in Yoga-ähnlichen Stellungen, während minutenlanger schweisstreibender Tanzeinlagen und dem Spaziergang AUF dem Publikum: Die Stimme ist immer perfekt, Anstrengung ist weder zu hören noch zu sehen.
Die Songs wurden querbeetein präsentiert, angefangen mit ihrem ersten unter dem Künstlernamen Peaches erschienenen Album „Teaches Of Peaches“ (2000) bis hin zu „Rub“ aus dem vorletzten Jahr. Peaches macht die Sexualität, ihre Körperlichkeit zum Thema und lässt sich ungern in ein gängiges Muster der Geschlechtlichkeit pressen. Sexuelle Befreiung und Gleichberechtigung sind ein omnipräsentes Thema, welches sich von A bis Z durchzieht. Nichts wird ausgelassen. Peaches hat diesbezüglich eindeutig die Hosen an, und dabei definitiv den Grössten. Von der Menge gehalten ist er so gross, dass sie in ihn hineinsteigen kann, während sie „Dick In The Air“ performt, nur um abzudrücken und das Publikum lauthals „Dick, Dick, Dick, …“ mitsingen zu lassen.
Fast schon ein Muss ist der Champagner, der vor und während Peaches’ wohl erstem Hit und letztem Song vor der Zugabe „F*** The Pain Away“ in die Menge der prall gefüllten Aktionshalle der Roten Fabrik verteilt wurde. Zur Abkühlung reicht es nicht, im Gegenteil. Das Publikum dreht, wie kaum anders zu erwarten, nochmals richtig auf, lautstarkes Mitsingen ist garantiert.
Doch die Menge, selten an einem Konzert so bunt durchmischt wie an diesem Gig, lässt nicht locker – angesteckt von der Energie, die während der letzten 70 Minuten überschwappte. Drei mal kommt Peaches mit ihren beiden Tänzerinnen zurück auf die Bühne, unter anderem mit „Light In Places“. Und es wird noch ein wenig wilder, noch ein wenig mehr. Yeah!
Der Live-Auftritt von JESSIQUOI war ein gelungener Auftakt in den bevorstehenden Abend. Elektronisch und multiinstrumental, detailliert und distinguiert, fein und schüchtern, rumpelnd und aufmüpfig. 80er-Sounds gemischt mit brettharten elektronischen Basslinien in „Pilot“. Genau so muss es sein, die Tanzmuskeln waren jedenfalls schon gut auf Betriebstemperatur für das, was noch folgen sollte.
Text: Mischa Castiglioni