Dangervisit Records / VÖ: 7. Oktober 2016 / Alternative, Trip-Hop
archiveofficial.uk
Text: Michael Bohli
Vorbei sind die Zeiten mit einfachen Plätzen zum verstecken, jetzt wird jede Faser und jeder Gedanke in aller Öffentlichkeit seziert. Was vorher gerne unter Schichten und Bergen von Klangspuren, Keyboards und Gitarren verschwand, ist jetzt alleine auf weiter Flur und muss sich nackt behaupten. Das elektronisch verwurzelte Art-Rock-Kollektiv aus England ist wieder da, und Archive zeigen sich so reduziert wie noch selten.
Ihr zehntes Studioalbum beginnt dabei genau so leise, wie es die meiste Zeit auch bleibt. Sanfte Electronica versprüht kleine Kontaktfunken, die Stimmen liegen bar zwischen Klavier, Sequenzer und Drum-Maschine. Vorbei sind die Lieder, welche wie Gotteshäuser in den Himmel wachsen und von einer halben Armee gespielt werden. Mit neuen Synapsen verbinden Archive die Schalttafeln und beschränken ihr Songwriting schon fast auf Minimal und Ambient-Techno. Was damals mit dem Konzeptwerk „Axiom“ seine Schatten vorauswarf, findet hier eine neue Vollendung. Der langsame und experimentelle Charakter kehrt zurück, Lieder wie „Driving In Nails“ sind Turnübungen in knisternder Electronica.
Das kann neue Fans von Archive etwas aus der Bahn werfen, die Gruppe aber setzt ihre Soundmerkmale weiterhin präsent ein. Dank den Stimmen von Dave Pen und Pollard Berrier wird man sicher durch die düsteren und kargen Technikwüsten geleitet. Die Band hat sich somit komplett von den psychedelischen Zeiten entfernt und lebt nun im Digitalen. Da fällt es zuerst gar nicht auf, dass auch die Damen dieses Mal ausgesetzt haben. Weiterhin darf man kopfnickend lauschen (wie beim zappeligen „Stay Tribal“) und sich zuhause fühlen – wenn auch nun mit vielen Kabeln im Hirn.