Noisolution / VÖ: 3. November 2023 / Post-Punk, Noise Rock
isoscope-band.de
Text: David Spring
Noise Rock ist ein schwieriges Konstrukt. Der Name des Genres ist selbst für Menschen, die etwas härteren und verzwickteren Klängen nicht abgeneigt sind, eher abschreckend. Und meistens ist es ohnehin keine sehr treffende Bezeichnung, was ist schon Lärm? Das neuste Werk der Berliner Gruppe Isoscope, «Conclusive Mess», ist zwar durchaus nicht leicht verdaulich, aber bestimmt kein solcher. Dafür ist die Band nämlich viel zu gut.
Der Opener «Tabula Rasa» beginnt sanft einlullend, bevor uns die vier talentierten und leicht durchgeknallten Musiker:innen halsbrecherischen Math-Rock um die Ohren hauen. Hier prallen völlig losgelöste Taktarten und komplizierte Gitarrenriffs mit einer Wucht und ohne Rücksicht aufeinander, dass es nur so eine Freude ist. Erst wenn im Refrain Gesang dazukommt, wird die Sache etwas greifbarer. Isoscope feuern aus allen Rohren und verlangen in diesem Auftakt einiges ab. Das folgende «How Do They Know» kommt um einiges geradliniger daher, post-punkige Gitarren, treibende Drums und wütender Gesang zeichnen den Song aus. Trotz wundervoller Dissonanzen und bizarrer Harmonien geht der Track sofort ins Ohr.
Was Isoscope besonders abhebt, ist der Gesang. Diesen nämlich teilen sich alle vier der Musizierenden. «Pain Simulator» zum Beispiel wartet mit verhalten geflüsterten Vocals und beinahe poppigen Melodien auf, das hervorragend grobschlächtige «Western» wiederum, welches das Album brutal und lautstark abschliesst, erdrückt mit wütenden Schreien und enormer Energie. So wird es bei den zehn Songs der Platte nie langweilig. Beeindruckend sind zum Beispiel auch die drei zentralen Traum-Songs «Dreams I (The Sleep Of Reason Produces Monsters)», «Dreams II (REM)» und «Dreams III (Lucid)». Teil eins besteht nur aus sphärischen, einlullenden Soundkollagen, Teil zwei erklimmt euphorische Indie-Rock-Höhen und Teil drei mutiert schlussendlich zu einem flächendeckenden Shoegaze-Brett.
Es ist wahrlich beeindruckend, wie es Isoscope trotz aller überbordender Kreativität immer wieder gelingt, dass sich alle Songs wie ein Teil eines grossen Ganzen anfühlen. All die verschiedenen Elemente, die von fiesem Mathrock über verkopften Post-Punk und massiven Shoegaze bis hin zu völlig undefinierbaren Sequenzen reichen, sowie die vier so unterschiedlichen Stimmen schaffen ein unvergleichliches Album. Die fette, natürliche Produktion tut ihr Übriges dazu. Dass Isoscope zudem eine wundervoll durchmischte Gruppe Menschen sind, die zusammen mit anderen Künstler:innen massgeblich am Berliner FLINTA-Musikkollektiv Grrrl-Noisy beteiligt sind – es stimmt einfach alles. «Conclusive Mess» ist, wie eingangs erwähnt, kein einfaches Album, aber selten hat eine Herausforderung so gutgetan.