Albani – Winterthur
Sonntag, 8. Oktober 2023
Text: Michael Messerli / Bilder: Christian Wölbitsch
Emilie Zoé vermag als Künstlerin alleine einen Raum auszufüllen. So weit ist Pablo Jucker mit seinem Projekt Otis Zola noch nicht, dem im Winterthurer Albani nicht etwa die guten Lieder fehlten, sondern seine Band – er eröffnete den Abend solo. Ansonsten brachte er alles mit: den Soul und den Blues, einen Coversong von Glen Hansard, Leidenschaft und ein versiertes Gitarrenspiel sowie schliesslich auch die nötige Ruhe, als er kurz nicht mehr weiterwusste. Aber leider war der Gitarrensound etwas dünn, so dass diverse Passagen kraftlos klangen. Immerhin: Bei Songs wie «Leavin’ Birds» fiel das nicht ins Gewicht und so blieb das Publikum wohlwollend bis zum Schluss mucksmäuschenstill.
Still war es auch in den ruhigen Momenten von Emilie Zoé. Und ganz allein war sie natürlich nicht, denn es gibt bei ihr immer eine ganz wichtige zweite Person auf der Bühne. Aktuell ist das Fred Bürki am Schlagzeug und was die beiden live aus den fantastischen neuen und alten Songs herausholten, war umwerfend schön. Dabei legten sie den Fokus auf «Hello Future Me», eines der besten Schweizer Indie-Alben der letzten Jahrzehnte. Aber auch der «Tiger Song» durfte nicht fehlen sowie «Castle» von der «The Companion EP».
Was Emilie Zoé auszeichnet, ist eine musikalische sowie persönliche Ausstrahlung und ein Ideenreichtum, der sich einerseits in ihrem Sound manifestiert und andererseits auch im immer breiter werdenden Spektrum an Spielarten. Angefangen beim Vogelgezwitscher und den leisesten Tönen bis hin zum donnernden Noise-Gewitter. Stets im harmonisch-perfekten Zusammenspiel mit dem Schlagzeug, konkret mit Rhythmus und Groove, nebst den ausgeklügelten Effektpedalen ein sehr wichtiges Element in ihren Songs.
Da war aber nicht nur die Musik, da waren eben auch die Zwischenzeilen und Geschichten, die Emilie Zoé mit grosser Herzlichkeit zu erzählen wusste. Und da war auch die Interaktion mit dem Publikum, so dass tatsächlich Nachrichten an sie als Künstlerin, Briefe an ein künftiges Ich oder an andere Wesen entstanden. Die Postkarten und der Briefkasten dafür fand man beim Merch-Stand, zusammen mit Socken sowie einem Buch. Illustriert mit linkshändigen Zeichnungen von Insekten, die es gibt oder auch nicht (Emilie Zoé ist Rechtshänderin). Selbst beim eigenen Tod seien wir immer noch dran, neue Dinge zu starten, singt sie in «Apollo». Na dann hoffen wir, dass Emilie Zoé nie aufhört anzufangen.