Rock Action Records / VÖ: 10. März 2023 / Singer-Songwriter, Indie
lichenslow.com
Text: Michael Messerli
Malcolm Middleton veröffentlicht zusammen mit Joel Harries ein Album, das sich vor seiner Hauptband Arab Strap überhaupt nicht verstecken muss. «Rest Lurks» ist vollgepackt mit abgründigen Parabeln, die schweren Themen mit einer gewissen Leichtigkeit sowie einem Augenzwinkern begegnen. Wie beispielsweise im flotten «Preset»: «A shit tribute/ To shit bands/ Singing shit songs». Diese Art von Humor überrascht bei Middleton nicht. Aber in Lichen Slow steckt deutlich mehr drin als die Hälfte von Arab Strap mit viel besserem Gesang, was natürlich schon auch mit der Erfahrung von Middleton zu tun hat, aber vor allen Dingen mit Joel Harries.
«Rest Lurks» klingt wie das, was es ist: Ein Projekt zweier talentierter Songwriter, die mit Freude und ohne Erwartungen machen können, was sie wollen und weil sie merken, dass das ziemlich gut funktioniert, entsteht ein grossartig zwangloses Debütalbum. Dabei nutzen sie alle Vorteile, welche das Songwriting auf Distanz zu bieten hat – und entkräften dabei den Mythos, dass man für einen kreativen Prozess immer im selben Raum sein bzw. gleichzeitig an etwas arbeiten muss. Auch zum eigenen Erstaunen des deutlich jüngeren Joel Harries, der mit seiner instrumentalen Noise-Band 72% oder dem Duo Team Leader damit offenbar noch nicht in Berührung kam.
«Hobbies» stiess als letzter Song hinzu und ist laut den beiden richtungsweisend fürs nächste Album, was in zweierlei Hinsicht ein grosses Glück ist. Zum einen ist «Hobbies» ein wunderschöner, atmosphärischer Start in ein ebensolches Album, der perfekt in den Gesang von Joel Harries einführt und mit dezentem Bläsereinsatz beweist, dass man «Rest Lurks» nicht unterschätzen sollte, nur weil Lichen Slow eine Art Projektstatus haben oder ein Lied «Imposter Syndrome» heisst (also Hochstapler-Syndrom). Zum anderen bedeutet es, dass die gemeinsame Musik der beiden eine Zukunft hat. Das freut alle, die in der Stimme von Joel Harries Trost dafür finden, dass es The Unwinding Hours nicht mehr gibt und erinnert einen daran, dass man auch schon lange nichts mehr von John K. Samson gehört hat.