Albani Music Club – Winterthur
Sonntag, 23. Oktober 2022
Text: Michael Messerli / Bilder: Christian Wölbitsch
Just Mustard waren in diesem Jahr bereits mit Fontaines D.C. in der Schweiz. Damals, als Vorband einer hibbeligen Post-Punk-Grösse, passte es nicht ganz. Das mag am Rahmen gelegen haben oder vielleicht auch am Sound, die Band aus Dundalk wirkte auf der Bühne irgendwie verloren. Trotzdem blieb der Name hängen, weil er seither immer wieder auftaucht. Natürlich in Berichten zu Fontaines D.C., dann aber auch dank ihrem zweiten Album «Heart Under», das im Mai 2022 erschien. In Irland ist die junge Band kein Geheimtipp mehr – und «Heart Under» beweist eindrucksvoll, warum das so ist.
Vorbands haben es traditionell nicht einfach. Diese Erfahrung musste auch das Trio Blank Page in ihrer Heimatstadt machen, das mit einer tanzbaren Mischung aus Funk und Indie das Albani in Winterthur aufwärmte. Sie croonten durch die ersten dreissig Minuten wie es die Arctic Monkeys oder Nick Cave gerne machen, dessen Klassiker «Red Right Hand» sie dann auch passenderweise coverten. Der Kontrast zur Hauptband war jedoch gross. Im Publikum sah man Shirts von Savages und Taschen von The Twilight Sad. Fürs ausgelassene Tanzen kamen eher die wenigsten.
Bei Just Mustard platzte die kleine Bühne dann fast aus allen Nähten, diesmal stimmte der Rahmen und der Sound, man war so nahe dran, dass nichts drohte verloren zu gehen. Man konnte beinahe die Einstellungen der Effektgeräte nachvollziehen, die grundsätzlich dafür da waren, die Gitarren von David Noonan und Mete Kalyon so klingen zu lassen, als wären es keine. Damit verweigern sich Just Mustard der Idee, eine klassische Gitarrenband zu sein und was auf Platte bereits den Reiz ausmacht, tat es auch live. Gut möglich, dass sie mit diesem Post-Punk-Ansatz auch ausserhalb von Irland nicht mehr lange ein Geheimtipp bleiben. Damit das passiert, braucht ihr Bogen aber in der Mitte noch etwas mehr Spannung. Die in dunkelblau getauchte, raumgreifende und hypnotische Musik hatte die Tendenz, für einen kurzen Moment schläfrig zu wirken.
Zumal der Begriff Shoegaze scheinbar für eine Band wie Just Mustard erfunden wurde. Bassist Rob Clarke schaute kein einziges Mal auf, der Rest der Band bewegte sich nicht. Mit Ausnahme von Schlagzeuger Shane Maguire, welcher das Vehikel ist, das die Songs transportiert. Die stoischen Kellerkinder vor ihm wirkten demonstrativ gelangweilt, ohne dabei zu langweilen. Denn auch bei Sängerin Katie Ball wurde klar: Die Performance steht im Dienst der Songs. Und die zogen in ihren Bann – egal ob vom Debüt «Wednesday», vom aktuellen Album oder wie das Highlight des Abends: die Single «Seven». Diese Band bewirbt sich ernsthaft um den Posten als Königin des Lärms – und hat ernsthaft gute Chancen.
Setlist [Quelle: Band]
1. 23
2. I Am You
3. Seven
4. In Shade
5. Pigs
6. Early
7. Mirrors
8. Sore
9. Deaf
10. Frank
11. Blue Chalk
12. Still
13. October
14. Seed