Two Gentlemen / VÖ: 9. September 2022 / Experimental, Industrial
younggods.com
Text: Michael Bohli
Ein Ticken, ein Klicken, ein Rhythmus. Auf die Essenz heruntergebrochen beginnt das neue Album von The Young Gods und sucht wie ein Metronom die Musik. Hin und her schaut man, das Schlagzeug erscheint in einer Ecke, die Wiederholung wird zum Reiz, irgendwann sind Gitarren und Synthesizer mit dabei. Wie lange die Instrumente bleiben und was genau sie spielen, wird theoretisch nicht vorgegeben. Willkommen im Experiment «Play Terry Riley In C».
Vom wegweisenden Industrial der Gruppe ist auf dem Album nicht viel zu spüren, gleichzeitig ist die Musik gnadenlos. Immer weiter nach vorne ziehen The Young Gods mit den neun Teilen, von der Stille bis zum lauten Aufbäumen. «In C» ist eine avantgardistische Komposition, die 1964 von Terry Riley erdacht wurde und im Grundsatz aus 53 musikalische Phrasen besteht, die von Musiker:innen beliebig oft wiederholt werden können. Daraus entstehen Überlagerungen, Steigerungen und energetische Wechsel, in den Händen des Schweizer Trios eine kühle und faszinierende Inszenierung.
Bereits 2019 gingen The Young Gods dieses Werk an, mit einem Orchester und organischen Kunstgedanken. Als Album ist «Play Terry Riley In C» näher bei dröhnender Ambient und elektronisch aufgeladen. Brummend, pochend und vibrierend, alles wirkt fliessend und die Tracks funktionieren nur in ihrer Gesamtheit. Besonders die perkussiven Muster sind überzeugend und reissen alle weiteren Tonspuren in den Strudel der Ewigkeit. Ein grösserer Gegensatz zu «Data Mirage Tangram» könnte es nicht sein, so bleiben die Götter jung.