PIAS / VÖ: 29. April 2022 / Alternative, Trip-Hop
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Text: Michael Bohli
Das Kollektiv Archive begleitet mich mit ihrer Musik seit vielen Jahren, Konzerte sind immer ein beeindruckendes Erlebnis, neue Alben werden sehnlichst erwartet. Dass mit «Call To Arms & Angels» nach dem Jubiläumsprogramm zu 25 Jahren Bandbestand über 100 Minuten Musik vorgelegt werden, ist kein schlechtes Vorzeichen. Ein Doppelalbum auf CD, gleich drei Scheiben als Vinyl-Ausgabe – eine Bestandsaufnahme und der Versuch, alle Aspekte in der bisherigen Karriere zusammenzubringen.
Das Album hat alles: Kurze, melancholische Stücke mit dem umwerfenden Gesang von Holy Martin («Shouting Within»), lange und stimmungsvolle Stücke, gefüllt mit Texturen und Synthesizer («Daytime Coma»), es pochen die Beats und es reissen die Gitarren Takte an sich. Dass Archive in der zweiten Hälfte von «Call To Arms & Angels» an ihre Trip-Hop-Anfänge anknüpfen macht Freude («Frying Paint»). Fröhlich wird es in den 17 Songs nicht, das ist richtig so. Dafür gibt es Electronica, Alternative Rock und der unvergleichliche Klang. «Freedom» baut sich elegant auf, «Alive» erhebt sich zärtlich in die Lüfte, «Mr Daisy» ist ein typischer Rocker mit schrägen Sounds und Gesängen im Hall.
Archive wissen, was sie können und hantieren geschickt mit ihrer Klangsprache und Identität. «Call To Arms & Angels» stellt sich gegen die menschenfeindlichen Strömungen und den Hass der heutigen Zeit, es ist ein Album, das Wut, Hoffnung und Liebe in sich trägt. Leider aber will das alles nicht bei mir angekommen. Zum ersten Mal in meiner Beziehung zur Band will der Funke nicht überspringen und die 100 Minuten ziehen vorbei, ohne das Herz zu streifen. Hätte das Album verdichtet und gekürzt werden müssen? Eventuell sind die Ideen zu wenig prägnant, oder meine Erwartungen sind in den sechs Jahren seit «The False Foundation» zu gross geworden. Wie auch immer, dieser Ruf lockt mich nicht.