Bscene Musikfestival Basel
Giulia Dabalà, Al Pride, Malummí und mehr
Kaserne – Basel
Freitag, 22. April 2022 & Samstag, 23. April 2022
Text: Eliane Hofstetter
Freitag
2022 ist bei der Bscene vieles neu. Dieses Jahr feiert die BScene ihr 25+1-jähriges Jubiläum und präsentiert ein neues Konzept: statt in der ganzen Stadt verteilt, fungiert das Kasernenareal als Spielort: einerseits die bekannten Räume der Kaserne selbst, das Parterre One und im frisch eröffneten KHaus quer über den Platz. Das ganze Haus riecht noch neu, als ob der Putz erst gerade getrocknet sei. Ich schau mich auf dem Gelände um und wer so hier ist. Die Vokuhila-Dichte ist auf jeden Fall niedriger als am m4music und auch der Altersdurchschnitt ist höher, zumindest am Anfang.
Das Lineup ist sehr lokal, von ca. 35 Acts sind über 25 aus der Region Basel. Angefangen mit dem ersten Konzert, Sam Himself. Der wird zu Recht als Bruce Springsteen von Basel bezeichnet. Hymnen-Pop, heute mit Sinfonieorchester performt. Mir ist es zu glatt, zu pompös, aber für eine, zwei Generationen über mir trifft es genau den Nerv, wenn ich das Publikum und die Stimmung betrachte. Das Gute am Festival ist ja, dass im Zweifelsfall nebenan das nächste Konzert ist.
Giulia Dabalà spielt in sehr intimen Rahmen elektronische Klänge und ich verliere mich. Dann widmet sie einen Song allen FLINTA im Raum und sagt „it’s ok to take up space“ und ich fühle das sehr und alle tanzen im Drum-Gewitter und singen sogar mit, als sie uns bittet. Dieselbe Stimmung auch bei Gina Été. Melancholischer, wehmütiger und eindringlicher Pop, hie und da ein Cello, das den Takt angibt. Mein Serotoninspiegel ist hoch, aber ich habe noch einen längeren Abend vor mir.
Ab geht’s ins neue KHaus zu Los Tros Flamingos. Ich komme fast nicht mehr rein, der Raum ist rappelvoll und die Crowd ist On Fire. Die sechs Flamingos sind gefühlt 10 Jahre jünger als ich, aber performen wie Vollprofis, inkl. Leopardenshirt und Choreo. Auch wenn der Gesang stellenweise etwas schief ist, musikalisch sitzts, und die Stimmung kompensiert das sowieso.
Wir wollen noch lang Party machen mit den Flamingoleopardenjungs, aber das Konzert ist zu Ende. Also weiter, ein Stock aufwärts. Für Nomuel, wieder eine Basler Band, müssen wir das erste Mal Schlange stehen. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass ihre Musik so gut ankommt, oder dass sie Basler sind, oder beides. Mir ist es jedenfalls zu viel Autotune, zu wenig Persönlichkeit.
Wir wechseln ein Haus weiter in die Reithalle. Dort spielen LOAD, deren Gesichter unter den leuchtenden Masken nicht zu sehen sind. Darkwave, nicht schlecht, haut mich aber nicht so sehr aus den Socken. Ich brauch eine Pause, es ist schon spät. Dann, um 00:15 spielen Al Pride. Die Stimmung ist gut, auch die Band hat sichtlich Bock zu spielen.
Zuerst die, wie sie es nennen, Party-Hits, dann ein, zwei ruhige Stücke, zu denen sich die meisten auf den Boden setzen und lauschen. Auch mal schön, ausser zuhören nichts tun zu müssen. Danke für dä! Und: danke dafür, die Scheissgewohnheit, während der Konzerte zu reden, anzusprechen. Ich hatte kurz die Hoffnung, dass sich durch die Pandemie die Wertschätzung der Künstler:innen auf der Bühne wieder geändert hat, aber in den leisen Momenten der Konzerte ist davon nichts zu spüren. Das Motto „loose nid schnuure“ hätte die BScene ruhig etwas prominenter ausleben können. Zurück zum Geschehen. Als Kontrastprogramm zur 8-köpfigen Band spielt im Foyer p.noir eine Einmannshow. Drums, Synthesizer, fertig. Sehr intensiv und rhythmisch, ich bin aber schon zu müde, um mich darauf einzulassen.
Samstag
Pünktlich aufs erste Konzert bin ich wieder da. So wie es gestern aufgehört hat, fängt es heute an: im Foyer des Rossstalls mit einer Einmannshow. Diesmal bluesrockt sich Mono Mojo durch sein Set, mit Bandscheibenvorfall, wie er sagt.
Mein persönliches Highlight folgt danach: Malummí verzaubern den Rossstall. Ein psychedelischer Klangteppich, der sich unter die elfenhafte Stimme legt, es baut sich immer mehr auf, verzerrt sich, legt Emotionen frei. Ich will nicht, dass es aufhört, aber das Konzert ist zu Ende.
Direkt im Anschluss, drüben im Parterre One wartet noch eine Reise in andere Sphären: Auch bei Fliewatüt steht eine talentierte Songwriterin und Sängerin an der Front. Die Lieder über die (verflossene) Liebe mischen das richtige Verhältnis von Leichtigkeit und Melancholie. Ich schliesse die Augen und bin weg. Getragen von der Musik wird wieder die Location gewechselt und diesmal folgt ein echter Stilbruch: die letzte Viertelstunde vom Set von Tyrannosaurus Globi (best band name ever) fegt uns mit Metal so richtig das Gehirn durch.
Danach erneut ein Stilbruch und wir schauen bei Lila Martini rein. Leider dauert das „Warm-up“ des DJs viel zu lange für dieses Setting, viele verlassen den Raum wieder. Lila gibt ihr bestes, aber die Stimmung wird nicht wirklich gut. Das liegt aber nicht an ihr, es sind die Menschen und das Setting, das nicht zur Musik passt. Samstag war mein Programm bisher Basel only, zum Schluss geht es noch kurz zu Harvey Causon aus England. Ich wundere mich, warum so wenig Leute hier sind, es ist erst kurz vor 1 Uhr morgens. Alle müde? Alle noch bei einem der zwei anderen Konzerte? Vielleicht ist auch einfach der Saal zu gross. Am Ende siegt aber die Müdigkeit und ich gehe Richtung kuscheliges Bett.
Da dieser Bericht spontan entstanden ist und das Handy nur sporadisch zum Einsatz kam, ist die Bildqualität leider auf Kartoffel-Niveau.