Hyperdub Records / VÖ: 6. Januar 2022 / Dubstep, Electronica
hyperdub.net
Text: Michael Bohli
Wie viel Klang kann man von der Musik entfernen, ohne diese unkenntlich zu machen? Burial wagt mit seiner EP «Antidawn» dieses Experiment und treibt seine Tracks sehr stark in Richtung Nebel und Klangschwaden. Der Dubsteb-Magier ist seit Jahren dafür bekannt, dass er nicht nur grossartige Bässe programmieren kann, sondern Downtempo und Ambient stets in neue, urbane Gefilde führt. Mit der Rückschau «Tunes 2011 To 2019» wurde diese Behauptung zementiert, nun scheint der Wind die Töne davonzutragen.
«Antidawn» versucht die Zeit anzuhalten – ein Vorhaben, das nach wenigen Takten gelingt. Man lässt sich auf die warmen und sanften Kompositionen von Burial ein, treibt zwischen Sounds, Samples und Stimmen, fühlt das elektronische Knistern und die menschliche Aufrichtigkeit. Elf Minuten lang glüht «Strange Neighbourhood», eine willkommene Laterne in der kalten Jahreszeit. Ebenfalls viel Emotionalität und Geborgenheit offerieren die zehn Minuten von «Shadow Paradise». Fast vergisst man die Zivilisation, welche uns mit hartem Griff umgibt. Besonders dann, wenn sich mehrere Melodien aus dem Track lösen und die Synthesizer im Hall aufgehen.
Nahtlos das wundervolle «New Love», Burial gibt sich in den Schwaden als Magier des Herzens. Das kennt man von diesem Künstler weniger, umso fesselnder darum der langsame Genuss von «Antidawn». Das ist Musik, die sich in der Zwischenwelt bewegt und besonders in nächtlichen Stunden die volle Wirkung entfaltet. Eine EP, die immer wieder besucht werden möchte, als Stütze und Liebkosung.