Dero Arcade / VÖ: 22. Oktober 2021 / Punk, Indie, Electro
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Text: David Spring
Wer erinnert sich noch an MySpace? Dieser Vorläufer aller heutigen Social-Media-Plattformen bot endlose Gestaltungsmöglichkeiten und feierte die individuelle Kreativität bei der Präsentation des eigenen Profils. Unweigerlich führte dies dazu, dass viele dieser Profile schnell dermassen mit grafischen Spielereien überladen wurden, dass damit der eine oder andere frühe Internet Explorer in die Knie gezwungen wurde. Man stelle sich nun bitte das musikalische Äquivalent dazu vor et voilà: Cumgirl8!
Hinter diesem familienfreundlichen, an beste AIM- und Internetforen-Zeiten erinnernden Namen verbergen sich die drei Künstlerinnen / Models Lida Fox, Veronika Vilim und Chase Noelle. In ihrer Herangehensweise ans Musikmachen legen sie etwa gleich viel Enthusiasmus an den Tag, wie Teenager damals bei der Gestaltung der erwähnten Profile. „Everything goes“ ist die Devise und so werden unter anderem eine Bohrmaschine oder ein Keyboard, welches ausschliesslich Katzengeräusche wiedergibt, eingesetzt, um die gewünschten Sounds zu erzielen.
Um die vier Songs auf „RIPcumgirl8“ zu geniessen, braucht es nichts ausser Offenheit, etwas Goodwill und allenfalls ein paar bewusstseinserweiternde Substanzen. Der Opener „Pluck Me“ ist geradlinig und punkig, voller sympathischer Dissonanzen und grossem DIY-Vibe. „Go Away“ wiederum ist verträumt und man fühlt sich beim Zuhören umgehend high. Darauffolgend ist „Bugs“ ein bester Indie-Banger, der gut in den Soundtrack eines Coming-Of-Age-Films passen würde. Und das abschliessende „I Wanna Be“ bringt das eingangs erwähnte Katzenkeyboard zu glorreichem Einsatz – mehr kann man dazu gar nicht sagen, das muss man gehört haben.
Wer den guten alten MySpace-Tagen nachtrauert, wer von der neuen Lieblingsband gerne herausgefordert, vor den Kopf gestossen, erregt und verstört wird, wem Zensur und musikalisches Schubladendenken ein Graus sind, wer sich auf schummrigen Internetforen rumtreibt und fragwürdige Benutzernamen verwendet, und wer der Meinung ist, dass Katzengejammer integraler Bestandteil von guter Musik ist, wird an Cumgirl8 keinen Weg vorbeifinden. Sind wir ehrlich, wenn das Plattencover nicht reicht, um das Interesse an dieser EP zu erwecken, dann weiss ich auch nicht weiter.