Warum Musik? Wieso Konzerte? – Folge eins
Die Wolken waren nur kurz weg, aktuell sieht es sogar düsterer für die Kulturszene aus als zu Beginn des Jahres. Der Lockdown verhinderte im Frühling das kreative und kommerzielle Schaffen, Häuser und Clubs wurden geschlossen, Tourneen abgesagt. Nach einer kurzen Atempause steht die Schweiz wieder an demselben Punkt – die Regeln und Vorschriften verunmöglichen den Alltagsbetrieb.
Aber warum ist Musik denn wichtig für uns Menschen und die Gesellschaft? Wieso ist es falsch auf Kultur verzichten zu wollen? Und was bedeutet es für die Szene Lieder zu hören, zu spielen und Konzerte zu erleben? Wir haben nachgefragt und bieten in der neuen Beitragsreihe einen positiven Rundumblick über unser klingendes Land. Mögen wir nie verstummen, mögen die Lichter wieder scheinen.
Alle Folgen: Eins | Zwei | Drei | Vier | Fünf | Sechs
Louis Jucker
Musiker | louisjucker.ch
Foto: Augustin Rebetez
„Un concert, c’est une gorgée d’instant présent. C’est impossible à reproduire en laboratoire. C’est un moment qui n’appartient qu’à ici et à maintenant. On le revit uniquement par le souvenir, aucun document, film, photo ne peut le contenir ou le simuler. C’est très précieux. C’est un moment qu’on vit à plusieurs aussi, et cette intimité crée un lien. On vit une émotion ensemble en même temps, on repart avec, chacun de son côté, on ne peut pas la transmettre, c’est un trésor caché en commun. Un.e musicien.ne c’est un medium pour tout ça, consciemment ou non. Un concert c’est une cure de son, qui passe par les nerfs et touche au squelette, atteint à l’intérieur de nos organes des endroits qu’on ne sait pas toucher autrement. Une ville sans concert c’est un repas sans le goût.“
Yvonne Meyer
Projektleitung Helvetiarockt on Tour & Diversity Roadmap | helvetiarockt.ch
Foto: Rahel Leuenberger
„Konzerte sind mehr. Mehr als relevant für das System. Lebenselixier. Unersetzlich. Berufung im Beruf. Existenziell. Diesseitig und jenseitig. Verbindend. Weil Lebenswelt. Ohne Konzerte fehlen Welten. Überall. In aller Vielfalt. Es fühlt sich an wie Heimweh.“
#supportyourlocalmusicscene
Alain Schurter
Artist Management, PR & Label Services bei Young And Aspiring | youngandaspiring.com
Gitarrist bei Cold Reading | coldreading.net
Foto: Ramona Geiger
„Musik verbindet. Dieser Grundsatz existiert schon ewig und wird immer bestehen. Musik bringt Gleichgesinnte zusammen, Musik polarisiert, Musik stiftet an, seinen eigenen Horizont zu erweitern. Sie ist Ventil und Therapie zugleich. Dies wird insbesondere auf Konzerten ersichtlich. Ich persönlich durfte so schon unzählige interessante Leute kennenlernen, mit welchen ich seit Jahren in Kontakt stehe und die zu einem festen Bestandteil meines Freundeskreises wurden. Konzerte respektive Events sind ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft, um sich zu vernetzen, auszutauschen, Kunst zu konsumieren, sich mit seinen Emotionen auseinander zu setzen, abzuschalten oder gar sich zu verlieben. Es ist daher wichtig, die Künstler*innen, welche uns an ihrer Arbeit teilhaben lassen auch entsprechend zu unterstützen. Denn schlussendlich sind sie diejenigen die so viel zu unserem Seelenwohl beitragen.“
Manon Schlittler
Musikerin | musicmanon.com
„Musik ist wie ein unsichtbarer Zauber welcher alle erdenklichen Emotionen in uns auslösen kann. Musik hilft uns zu reflektieren, in eine andere Welt einzutauchen, verbindet Menschen und kann sogar zur Genesung verhelfen.“
David Schneider
Promo / Kommunikation / Social Media / Booking bei Just Because | justbecause.ch
Gründer One Song.One Take | onetake-oneline.com
„Wie Bücher das Oeuvre der Literatur darstellen oder Gemälde, Fotografien und Skulpturen den Ausdruck für bildnerische Kunst verkörpern, so sind Konzerte das spür-, sowie hörbare Lebenselixier der Musikszene. Ohne Musik keine Konzerte, soviel ist klar. Und auch wenn ohne Konzerte die Musik ihre Existenz nicht verliert, so kommt ohne Live-Magie trotzdem einiges abhanden: Erlebbare Klangkultur, Austausch und Kennenlernen Gleichgesinnter bei Shows und Festivals, ein musikalisches Gemeinsam im selben Raum. Aber vor allem auch: Die Lebensgrundlage und wichtigste Finanzquelle für Musiker*innen, die Basis für Veranstalter*innen, die Luft für Neues, für Innovation, für Entdeckungen und Spielereien innerhalb eines der schönsten Kulturgüter.
Persönlich bin ich seit März auf direkteste und einschneidende Art von den gegebenen Restriktionen betroffen. First out, last in. Postponement Office statt Booking Agentur. Absagen statt Ansagen. Livestreams anstelle von Live Shows. Ob ich deshalb nur noch am Trübsal blasen bin und meine Wut sich anstaut oder in gehässigen Kommentaren auf den Socials entlädt? Nein, keineswegs. Nicht nur weil ich grundsätzlich lieber positiv aufs Leben blicke, sondern vor allem auch, weil ich, anstatt über Massnahmen und Einschränkungen zu wettern, lieber den Blick für Lösungen und Alternativen wahre.
Klar, Konzerte sind für mich als Veranstalter und Booker Basis und Einkommensquelle schlechthin. Doch den Kopf in den Boden zu stecken und auf das Ende dieser Misere zu warten, bringt weder mich noch meine Bands weiter. Emotionen sollen trotz allem vermittelt und Fans wie auch neue Hörer*innen schon jetzt für Zukünftiges abgeholt werden. Stillstand = kein kreativer Output jeglicher Art. Mediale Absenz = allgemeines in Vergessenheit geraten. Ich hatte noch nie so viel Zeit für ideenreichen und vor allem lösungsorientieren Austausch mit meinen Bands. Ängste beheben und Frust vorbeugen – denn die Liebe zur Musik heilt Wunden und verbindet Menschen auch in Zeiten, in denen Konzerte befremdend wirken. Doch dank belebenden Erinnerungen und Hoffnungsschimmern lässt sich verhindern, dass sich Live Musik völlig zum Fremdkörper verwandelt.“
Du bist ebenfalls in der Kreativbranche tätig und willst dich mit einem Statement beteiligen? Dann sende uns jetzt eine E-Mail.
Zusammenstellung: Michael Bohli