Kommando 84 / VÖ: 3. Februar 2023 / NDW, Post-Punk
wildes.ch
Text: David Spring
Die Neue Deutsche Welle ist nicht mehr die neuste. Zeit also, dem altbackenen Genre etwas frisches Leben einzuhauchen. Bühne frei für Wildes, dem aus Jana Pantha und Jenny Tulipa bestehenden Duo aus dem Süden Deutschlands. Mit ihrem Debüt-Album «Klischee» reissen die Beiden sämtliche Genre-Grenzen nieder und liefern ein gar vorzügliches Einstandswerk ab.
Der Sound von Wildes bastelt sich aus Elektro-Synth-Pop, Dark Disco und Post-Punk zusammen. Klassische NDW à la Nena und Trio braucht man freilich nicht zu erwarten, eher eine abgefahrene, kreative Neuinterpretation davon. Es gibt eigenwillige Synth-Sounds, lakonisch vorgetragene Monologe, wilde Gitarrensolos und stampfende Drumcomputer-Beats. Die beiden kreieren unverschämt eingängige und tanzbare Hits, mit denen die nächste 80s-Party endlich guten Gewissens ins neue Jahrtausend gebracht werden kann.
Der fulminante Opener «Konsum» umarmt uns sogleich. Die dröhnenden Synths und der vielstimmig vorgetragene Text kreieren ein wohliges Gefühl der Nostalgie, während eine kratzige Gitarre sich immer mehr in den Vordergrund drängt. Mit «Leger In Schwarz» folgt ein frohgemutes Schrammel-Punk-Stück mit dröhnendem Bass und flottem Beat, das schön aufzeigt, wie abwechslungsreich die Musik von Wildes ist.
Songs wie die rastlose Urlaubshymne «Capri» oder der verspielte, sexy Closer «Zone» kommen vor allem elektronisch und Synth-lastig daher und entführen uns dabei in ganz andere Welten. Auf der anderen Seite stehen Tracks wie das grossartige, direkt einer bizarren Tarantino-Szene entsprungene «Bellezza» oder das poppig-punkige «Ich Lad Dich Ein». Das Klangbild ist wundervoll vielfältig und kreativ, zurückhaltend und doch exzessiv. Die zum Teil mehrsprachig vorgetragenen Texte, die sich um die Liebe und das Leben drehen, aber stets auch ein waches Auge auf das weltpolitische Geschehen und unsere konsumgeile Gesellschaft werfen, tun ihr Übriges dazu.
«Klischee» bietet unglaublich viel, keinesfalls aber Klischee-Mucke, egal was der Titel vermuten lässt. Wildes sind erfrischend eigen, kreativ, talentiert und vielleicht auch ein kleines Bisschen wahnsinnig. Sie bringen uns Musik, die Spass macht. Musik, die genauso zum Nachdenken anregt, wie um die Nacht durchzutanzen. Musik, die so nostalgisch wie modern klingt und die vor allem – denn darauf kommt es ja eigentlich an – einfach verdammt gut ist.