Kapitän Platte / VÖ: 2. Oktober 2020 / Post-Rock
westoodlikekings.com
Text: Michael Bohli
Wer seine bisherige Karriere den alternativen Soundtracks gewidmet hat, der dringt gezwungenermassen einmal zur Klassik vor. Für We Stood Like Kings aus Brüssel hat sich dieser Schritt zur Quelle der heutigen Musik und vor allem der Filmmusiken natürlich angefühlt, „Classical Re:Works“ zeugt davon. Das Quartett hat dieses Mal kein Bildspektakel als Grundlage genommen (wie zuletzt bei „USA 1982„), sondern sieben Ausschnitte grosser Meister. Eine Platte voller neuer Betrachtungsweisen also.
An der Systematik haben We Stood Like Kings nichts geändert, weiterhin werden die Kompositionen bei der Gruppe vom Piano angeführt, die Gitarre hält sich im Hintergrund. Das hebt sich von der Post-Rock-Masse ab und verleiht den Melodien ein luftiges Gefühl – und bietet zugleich einen Verbund zu den originalen Stücken. Ob Orgel oder nicht, „Johann Sebastian Bach Organ Sonata No. 4 in E minor, BWV 528: Andante“ tänzelt leichtfüssig, „Antonio Vivaldi Concerto for Strings in D minor, RV 127: Allegro“ dreht sich wild um den eigenen Körper.
Problematisch wird es allerdings, wenn man als Hörerschaft die Ursprungswerke überhaupt nicht kennt – dann klingen die Neuinterpretationen von We Stood Like Kings zu oft wie typische Ware aus dem Post-Genre. Schwankende Intensität, vielfaches Crescendo, songdienliche Rhythmen – das Notenblatt wird nicht neu erfunden. „Classical Re:Works“ lässt Intensität und Reiz vermissen, da es trotz der interessanten Basis wenig wagt.