Band: Vintage Caravan
Album: Voyage
Label/Vertrieb: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 10. Januar 2014
Website: Vintage Caravan on facebook
Geschrieben von: Dennis Bäsecke-Beltrametti
Vintage Caravan gehen mit uns auf die Reise; „Voyage“ stösst eine Tür auf in die Tage, in denen Rock noch richtig handgefertigt war. Die stets gitarrenschwangere, etwas nervöse und auf jeden Fall nostalgische Musik der jungen Isländer führt den Zuhörer durch die verschiedensten Kapitel der Rockgeschichte und insbesondere zurück in die siebziger Jahre.
In der Tat hört sich besonders die erste Hälfte des von vollmundigen Unisono-Riffs durchzogenen Albums wie ein Mix Tape im alten VW-Bus. Anklänge an die Dire Straits sind ebenso wenig zu überhören, wie der raue Tonfall der frühen Progressive-Rocker und die lässig kratzenden Vocals im Stile Axl Rose. Diese Anlehnungen durchweben die gesamte Produktion und den Sound ebenso wie die Musik und die Texte von Vintage Caravan.
Die Palette der Platte reicht dabei von „Flanger-Balladen“ wie „Do You Remember“ bis zu funkensprühenden Figuren wie in „Let Me Be“ oder dem Opener „Craving“. Da der Fokus aber ganz klar auf stampfenden und zappelnden Rock-Songs liegt, kommen die ruhigen Momente besonders schön zur Geltung.
Beispielsweise „Winterland“ mit seinen herrlichen Schrapel-Spitzfindigkeiten im Mix, seinem psychedelischen Geknister und nicht zuletzt dieser den Refrain beschliessenden Tonleiter, die David Gilmour schon fast wörtlich zitiert, weiss zu berühren. Dann bricht der Song auf einmal in drängenden Rock aus und kehrt alsbald zur balladesken Sprache zurück. Die nun jedoch von Western-Farben angekratzt ist. Diese Beschreibung fasst die Musik des ganzen Albums eigentlich gut zusammen: Im Grunde wenig Neues, aber viel Altes klug kombiniert, sodass sich neue Perspektiven auf die eigentlich bekannten Klänge zeigen.
Freude bereiten das freche Tremollo im Chorus von „Cocaine Sally“, der Mitsing-Refrain von „Midnight Meditation“ oder das ekstatisch kreischende, derwischisch drehende Solo in „Expand Your Mind“, das in ein wunderbar leicht verstimmtes Zupfmotiv à la Eagles stürzt, nur um noch einmal ganz weit auszuholen und dann in den die groovende letzte Strophe zu branden.
Auf solch einem Album darf natürlich der „Überlänge-Track“ nicht fehlen. Das ist förmlich Ehrensache. Hier ist es das abwechslungsreiche Melodram „The King’s Voyage“; wo viele Bands schon in sieben Minuten-Songs an Klippen der Langeweile zerschellen, bewegen Vintage Caravan sich sicher durch fast zwölf Minuten von diffusen Klängen, die aus den Innereien eines Klavieres stammen mögen, über eine felsige Strophenstruktur mit erzählerischem Duktus und spannenden rhythmischen Spielereien in eine psychedelische Klanglandschaft, die vor allem aus einer menschlichen Stimme in einer „Echo-Höhle“ besteht.
Grossartig wird so auch Syd Barrett noch ein kleines Denkmal gesetzt. Im Vergleich zu dieser präzisen Arbeit, ist der Einsatz des Flanger-Effektes im „Psychedelic Mushroom Man“ dann etwas (pau)schal.
Das Album erscheint wie eine systematische Verneigung vor den grossen Vorbildern und dabei erfrischend authentisch und gar nicht verstaubt. Man kann bei dieser Musik bestimmt kritisch nach dem Heutigkeitsbezug fragen, aber man muss es nicht. Ich habe nach dem Hören jedenfalls keine Lust dazu.
Tracklist:
1. Craving
2. Let Me Be
3. Do You Remember
4. Expand Your Mind
5. M. A. R. S. W. A. T. T.
6. Cocaine Sally
7. Winterland
8. Midnight Meditation
9. The King’s Voyage
10. Psychedelic Mushroom Man
Bandmitglieder:
Óskar Logi Ágústsson – Gesang, Gitarre
Alexander Örn Númason – Bass
Guðjón Reynisson – Schlagzeug
Gründung:
2006