Break Maiden Records / VÖ: 27. Juni 2025 / Country-Punk
vandoliers.com
Text: Torsten Sarfert
Die texanischen Vandoliers sind vielleicht der beste Beweis, dass man weder Cowboyhut tragen noch ein reaktionärer Redneck sein muss, um Country zu machen oder zu mögen. Die Country-Punks aus Dallas legen mit «Life Behind Bars» ein queeres Americana-Statement voller Wut, Mitgefühl und unbändiger Energie vor.
Im Zentrum steht Frontfrau Jenni (Gin-ee) Rose. Es ist das erste Album der Band seit ihrem Coming-out als trans Frau – ein Werk, geboren aus Schmerz, Klarheit, Gemeinschaft und dem Mut, endlich gesehen zu werden. 2023 trat sie in Maryville, Tennessee, erstmals öffentlich im Kleid auf, und zwar gemeinsam mit der Band aus Protest gegen ein Drag-Verbot. Die Bilder gingen viral, doch für Jenni war es vor allem ein persönlicher Durchbruch: «Das war das erste Mal, dass ich in der Öffentlichkeit ein Kleid trug – aber nicht das erste Mal überhaupt. Und dann sah es die ganze Welt. Ich schrieb: ‘Scheisse, ich glaube, ich bin trans.’»
Zwischen Tourstress und Selbstfindung schrieb Rose rund 40 Songs. Erst im Studio mit Grammy-Gewinner Ted Hutt wurde ihr klar, wie sehr ihre Dysphorie dabei im Mittelpunk stand. Zehn der ehrlichsten und verletzlichsten Tracks haben es auf das Album geschafft. Die erste Single, «Life Behind Bars», bündelt die Perspektiven ihrer Co-Autor:innen: Barkeeperleben, Knast, Tourhölle und Dysphorie. «Wir alle standen am Rand des Abgrunds.»
Das Album beginnt mit dem düsteren «Dead Canary», in dem Rose ihre inneren Schatten jagt. Der Titeltrack «Life Behind Bars» verarbeitet wiederum das Gefühl des Eingesperrtseins – durch Sucht, Geschlecht oder gesellschaftliche Erwartungen und spiegelt ganz nebenbei die Quintessenz des Albums wider. «Your Picture» ist eine leise Ballade über ein unerreichbares Selbst.
«Bible Belt» rechnet wütend mit der religiösen Enge der Kindheit ab – hier trifft Gospel-Orgel auf Country-Rock. «Thoughts And Prayers», gesungen von Cory Graves, karikiert Amerikas Waffenheuchelei mit Bar-Piano und Sarkasmus.
«You Can’t Party With The Lights On» (feat. Joshua Ray Walker und Taylor Hunnicutt) thematisiert Selbsttäuschung im Rausch, während «Valencia» mit Tex-Mex-Klängen eine bittersüsse Ode an verbotene Liebe anstimmt. «Jim’s Barn» ist ein queer-freundlicher Safe-Space-Song mit Ska-Drive, «Evergreen» eine banjogetriebene Ballade inneren Friedens. Zum Schluss folgt «Dead In A Ditch» – melancholisch, aber voller Klarheit.
Musikalisch ist «Life Behind Bars» reduzierter und intimer als frühere Alben, ohne die wilde Vandoliers-Energie einzubüssen, mit der sie auf Tour mit Flogging Molly, den Turnpike Troubadours oder den Old 97s begeisterten. Selbst in der Traurigkeit steckt hier Lebenslust.
«Life Behind Bars» ist das Werk einer Band, die seit zehn Jahren die Country-Regeln bricht: zu schnell, zu laut, zu hoch, zu ehrlich. Jenni Rose sagt: «Ich habe so sehr mit diesem Album gekämpft, aber ich hoffe, dass eine andere trans Frau es hört und etwas für sich darin findet.»
Und genau darum geht es: gesehen werden, gehört werden, Platz schaffen für alle, die bisher draussen standen. Für jene, die sich nicht vor den reaktionären Country-Planwagen spannen lassen wollen, mit dem man Andersdenkende überrollt. Ein wichtiges Album.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |