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Artist: Tyske Ludder
Album: Anonymous
Label/Vertrieb: Black Rain
Release date: 5. Juni 2009
Website: www.tyske-ludder.de
Written by: Luke J.B. Rafka
Der Zweite Weltkrieg birgt viele unvergessliche Geschichten und so hat diese Zeit auch diversen Einfallsreichtum heutiger Künstler zur Folge.
Aus dieser Epoche stammt zum Beispiel der Bandname der EBM-Ikonen, dessen Album ich Euch heute ans Herz legen möchte. Die Rede ist von Tyske Ludder.
Als „Tykse Ludder“ – was übersetzt „Deutsche Luder“ heisst – wurden in der damaligen Zeit, in Norwegen, Frauen bezeichnet, die mit deutschen Besatzungssoldaten diverse Bettgeschichten hatten. Die daraus reslutierenden Kinder wurden seinerzeit den Müttern und Vätern weggenommen und in Heimen aufgezogen.
So zeigt es sich wieder einmal, dass aus dieser Zeit heute noch mehrere Länder dunkle Kapitel tragen. Dieses schwere Thema wird auch erst seit einigen Jahren kritisch diskutiert.
Sehr provokant also der Name dieser EBM-Kracher Tyske Ludder scheint, so provokant sind auch ihre druckvollen Songs zu betrachten. Mit energiebeladenen Electrobeatz krachen die drei Nordlichter Z67, ÅLBERT und ØLÅF nunmehr seit fast 20 Jahren durch die Clubs der Welt. Man könnte sagen, dass Bands wie z.B. Funker Vogt oder besser noch Feindflug die drei Musiker als Inspiration zu ihren künstlerischen Ausgrabungen entdeckten.
Nun, pünktlich zum alljährlich stattfinden WGT veröffentlichten die harschen Burschen ihr neues Album “Anonymous”. Manch ein Musikkritiker hat sicherlich gedacht, dass dem Trio nach der brisanten „SCIENTific technOLOGY“-EP die Puste ausgehen würde, doch weit gefehlt. Freunde der elektronisch, harschen Klänge auf dem diesjährigen WGT sollten diese Jungs nicht verpasst haben. Die drei Musiker haben es nicht verlernt den Berg weiter hinauf zu klettern. Der Gipfel, den sie erreichen wollen, ist bereits in nicht mehr so weiter Ferne. Sicherlich müssen die Clubbesitzer in der heutigen – von der Finanzkrise geschüttelten Welt – neue Putzkolonnen einstellen, die das Kondenswasser von den Tanzflächen wischen müssen. Ein guter Nebeneffekt, wenn man bedenkt, dass mit diesem Silberling eventuell neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Mit dem dezent verzerrten Brachialgesang ist diese Produktion durchweg Tanzflächen geeignet und lässt sicherlich nicht nur Elektroanhänger ins Schwitzen geraten. Auch die DJs bleiben bei diesem runden Teil nicht verschont, da es sich gewiss als schwierige Nummer erweist hier genau den richtigen Track für die zappelnde Meute auszusuchen.
So beginnt das Album bereits mit dem von kreischenden Qualen belegten Track Frya Frisena. Das zweite Stück Shokkz auf dem Longplayer reiht sich nahtlos ins Tanzgeschehen ein. Die brachiale Stimme von ÅLBERT klingt wie eine Mischung aus Till Lindemann (Rammstein) und Johan Van Roy (Suicide Commando) und kommt beim Gebet wirklich gut rüber. Als Psychoaktiv würde ich nicht nur den gleichnamigen vierten Song des Albums betrachten, sondern all die jenigen, die jetzt gefesselt vom Sound auf der Tanze rumhüppen. Der Sprachsample zum Thema Rauschmittel ist absolut passend dem Track zugeteilt. Ein gewisser Rauschzustand erfasst auch mich beim Hören dieses Tracks. Mit satanistischem Lachen und technoiden Effekten gepaart kommt Fix the beat daher. Auch hier dürfte die Tanzfläche nicht unbetreten bleiben. Der Song treibt ein automatisches Fusswippen ins unkontrollierbare Zappeln! Nicht ganz jugendfrei wird bei Bastard mit klangvollen, extrem clubtauglichen Beatz von extremen Gefühlsausbrüchen gesungen und erinnert mich nicht nur vom Sound her sondern auch der hier dagelegten Gesangsart absolut an Steinkinds “Trink mich”. Narben hinterlassen bekanntlicherweise Zeichen von Schändungen, Verletzungen am Körper, im Herzen oder an der Seele – aber sicherlich nicht auf diesem Silberling. Diese weitere Clubnummer zeigt uns erneut wohin der Weg der “Deutschen Luder” zukünftig führen soll. Mit Panzer und March geht die Reise durch die vom militärisch anmutenden Style der drei Nordlichter weiter und endet mit Maschinenstaat im für die – als Support von DAF zum Ritter geschlagenen – Musiker eher im ungewohnten ruhigen Sound, aber mit interessanten Sprachsamples.
Fazit:
Für mich führen Tyske Ludder die Liga, der von Konkurenz nur so bestückten Electroszene bedenkenlos an. Selbst mich alternden Mann, mit verkapptem Waveherzen, hat es einmal mehr in den Beinen gezuckt und mich ins Grübeln über meine noch vorhandenen Fitness gebracht. “Anonymous” hat mich absolut überzeugt, was bei bei mir mit einem Electroact seltener der Fall ist.
Trackliste:
01. Frya Frisena
02. Shokkz
03. Gebet
04. Psychoaktiv
05. Fix the beat
06. Bastard
07. Narben
08. Panzer
09. March
10. Maschinenstaat