PIAS / VÖ: 17. Januar 2025 / Punk, Post-Punk
turbostaat.de
Text: Michael Messerli
Turbostaat hatten einen Herzinfarkt. Der Kollektivgedanke droht in diesem Moment natürlich mit dem Ende der Band. Aber so weit ist es nicht gekommen. Es ist «Alter Zorn» in neuen Bäuchen. «Und das Herz sitzt im Taxi». Turbostaat sind Marten Ebsen, Jan Windmeier, Rollo Santos, Tobert Knopp und Peter Carstens. Der Promo-Text wurde bereits so verfasst, dass jede Rezension nur noch scheitern kann. Das ist stark. So stark, wie das Album. Und das ist in Ordnung. Weil eine Rezension ein Text über etwas ist und nicht von etwas. Wovon «Alter Zorn» handelt, das lässt sich deshalb nicht sagen. Es sei ein Grossstadtalbum. Aber ab wann fühlt sich ein Ort wie eine Grossstadt an? Man kann sich überall einsam fühlen, aber womöglich nicht aus denselben Gründen.
Turbostaat sind eine Band und deshalb geht es um Musik. Aber es ging bei ihnen immer auch um Worte. Und um das, was hinter ihnen verborgen bleibt. Das ist die Anziehungskraft ihrer Alben. «Alter Zorn» hat diese Schwerkraft auch. Das ist nach 25 Jahren nicht selbstverständlich. Das Gute und das Traurige am Punk ist, dass ihm die Themen nie ausgehen. «Hat die Heimat eine Fahne?». Die Augen füllen sich bei Turbostaat nicht mit Tränen, weil sie es darauf anlegen, sondern weil es so ist, wie es ist. Wenn Panzer alles überrollen.
Es gibt mehrere Wege, mit dem Überrolltwerden umzugehen. Einer davon ist die Flucht in den Substanzmissbrauch: «Hier gibt es keine Hoffnung/ Nur noch Ernst und Heroin/ Selbst die Träume in der Nacht/ Entsättigt und leer». Ein anderer ist Kapitulation. Und dann wäre da noch derjenige raus aus der Einsamkeit, die einem auf «Alter Zorn» immer wieder begegnet. Also auf zum nächsten Turbostaat-Konzert, denn hier betrinkt man sich immerhin gemeinsam und die Umarmung ist am Ende kein Würgegriff. Turbostaat bleiben zeitlos, weil es ihre Themen sind, aber die Zeit geht auch an ihnen nicht spurlos vorbei. Das Herz jedoch, das scheint intakt.
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