Broken Clover Records / VÖ: 16. September 2022 / Post-Punk, Noise Rock
trpdo.ch
Text: David Spring
Es gibt Bands, die zu beschreiben schwerfällt. Manche Gruppen fabrizieren Musik, die so weit ausserhalb des Bekannten zu Hause sind, dass simple Worte nicht ausreichen. Eine solche Band ist das Post-Punk/Noise Rock-Trio Torpedo aus Lausanne. Mit ihrem zweiten Album „Orpheo_Nebula“ verfassen die drei ein musikalisches Statement, dass es in sich hat.
Der Sound von Torpedo besteht aus düsteren Riffs und Gitarrenwänden, mal klagendem, mal wütendem Gesang und dröhnenden, überbordenden Repetitionen. Eine Prise Industrial, etwas Sludge und 70s-Prog, Rückkopplungen und lärmige Produktionsartefakte, stoischer Stoner und wüster Noise mit mehrschichtigem, mehrsprachigem und mehrstimmigem Gesang ergeben eine faszinierende Kakophonie. Dass alles nicht wie völliges Chaos wirkt, sondern sich wie ein Sturm im Wasserglas anfühlt, mit klar definierten Kanten und Ecken, gar nachvollziehbaren Strukturen und einer unglaublichen Dynamik, grenzt an ein Wunder.
Mit „The Fall“ eröffnen Torpedo das Werk mit schwebenden Stimmen in vielen Sprachen, bevor ein stoischer Beat und rollender Bass Überhand gewinnen. Wie die Ruhe vor dem Sturm baut der Song an Intensität auf, bis schlussendlich alles in Lärm zerfällt. „Hell“ ist das wohl härteste und kompromissloseste Stück der Platte, schleppend, unruhig und vernichtend. Während den acht Minuten Spielzeit sind permanent Stimmen im Hintergrund zu hören, was eine unbequeme, psychotische Stimmung erzeugt.
„Part III_La Mort“ vermischt französische Chansons mit dissonanter Filmmusik, der charmante französische Akzent im krassen Kontrast zum musikalischen Zerfall. „Part V_Interstices“ ist eine dissonante, wütende Tour De Force, der Gedankenfluss-artige Gesang und die ultraharten Industrial-Riffs kreieren eine rastlose, unaushaltbare Atmosphäre. Schlussendlich der Closer „Poem“, in welchem Torpedo erst versöhnlich und einladend wirken. Zurückhaltend, verträumt und angenehm baut sich der Track auf, bis die selbstreflektierte Ruhe zum Schluss epischer Verzweiflung weicht.
„Orpheo_Nebula“ bietet eine faszinierende Achterbahnfahrt. Man kann sich in den Songs verlieren und wiederfinden, man kann versuchen, aufmerksam jedes krude Detail rauszuhören, oder das Ganzes auf sich wirken lassen. So oder so, das Album ist eines der spannendsten und intensivsten, die ich seit langem hören durfte. Wer von der Musik gerne herausgefordert und emotional reich belohnt wird, ist bei Torpedo an der richtigen Adresse.