Inside Out Music / VÖ: 17. Februar 2017 / Art Rock
timbowness.co.uk
Text: Michael Bohli
Konzeptalben sind im Progressive Rock keine Seltenheit, viel mehr gilt diese zusammenhängende Kunstform als Kür. Tim Bowness, vormals Partner von Steven Wilson bei No-Man, steigt mit „Lost In The Ghost Light“ aber als Neuling in dieses Gebiet ein. Sein neustes Soloalbum erzählt in wunderbarem Art-Rock die Geschichte eines erfundenen Helden des Classic Rock – einem Musiker, der langsam verblasst und seinen Platz in der Welt verloren hat. Darf Bowness bleiben?
Mit dem zweiten Lied „Moonshot Manchild“ zeigen sich zuerst vor allem die Schwierigkeiten bei „Lost In The Ghost Light“ – man erhält erneut typische Kost von Tim Bowness. Lieder, die mit hellen Klavier-Akkorden und seinem sanften Gesang niemanden verletzen, unaufgeregt für immer in deinem Herzen bleiben – allerdings auch viele eher anbiedern könnten. Doch dank des spannenden Songwritings dreht sich spätestens bei „Nowhere Good To Go“ alles zum Besseren. Plötzlich vernimmt man wunderschöne Popmusik, gehaucht und träumerisch in der Romantik. „You’ll Be Silenced“ haut einen famosen Prog-Schluss heraus und verleiht der Geschichte Zweifel und emotionale Unsicherheit.
Tim Bowness geht mit „Lost In The Ghost Light“ weiter als auf seinen letzten beiden Scheiben – gut so, gelingen ihm die Songs hier doch kompositorisch stärker. Er greift in die Kisten des Symphonic Prog, Newprog und Melodic Art-Rock und arbeitet Momente wie „You Wanted To Be Seen“ zu breiten Flächen aus, mit Verneigung vor den Genre-Grössen. Mit vielen bekannten Gästen wie Colin Edwin, Bruce Soord oder sogar Ian Anderson (Jethro Tull) ist die Musik grossartig gespielt und das Ohr wird immer wieder überrascht. Und wenn sich in „Distant Summers“ der Künstler selber zitiert, schliesst sich der Kreis mit neuen Erfahrungen und Erkenntnissen. Die Geister verneigen sich.