Inside Out Music / VÖ: 28. August 2020 / Art Rock
timbowness.co.uk
Text: Michael Bohli
Niemals hätte ich vor einigen Jahren gedacht, dass wir zukünftig so viele neue Musik von Tim Bowness hören dürfen. Nachdem sich der Künstler lange Zeit vor allem als Partner von Steven Wilson bei No-Man beweisen konnte, gibt es in regelmässigen Abständen neue Scheiben voller emotionsgeladenem Art-Rock. Zuletzt überzeugte „Flowers At The Scene„, eineinhalb Jahre später will „Late Night Laments“ von uns genossen werden. Mit dem Titel zeigt der Musiker, dass er seinem Stil treugeblieben ist: Emotionale, melancholische Lieder, die sich sehr dazu eigenen, allein oder zu dunklen Stunden gehört zu werden.
Die Welt von Tim Bowness wirkt immerzu traurig, im Regen gefangen, voller Seufzer. Zum einen trägt der sanfte Gesangsstil des Künstlers dazu bei, der niemals laut oder wütend wird. Zum andern behandeln die Lieder den Abstieg in den Wahn, soziale Schwierigkeiten und Gewalt. Nein, bunt und voller Freude ist der Kosmos von „Late Night Laments“ mitnichten, weiss aber diese Intensität mit einer sanften Geste zu präsentieren. Gemeinsam mit Gastmusikern wie Richard Barbieri, Colin Edwin oder Melanie Woods wurden Songs ausformuliert, die vor allem die Tragik betonen.
Ob der letzte Schwank bei „One Last Call“, das leicht euphorisch wirkende „Northern Rain“ zu Beginn, oder die kraftvolle Bilder erzeugende Erzählung „The Hitman Who Missed“ – „Late Night Laments“ ist eine Platte, die unscheinbar und gebückt durch die Strassen geht. Tim Bowness verlässt sich komplett auf die innere Wirkung der Lieder, nähert sich Peter Gabriel an („The Last Getaway“) und übersteuert niemals. Nicht alles wirkt darum so packend wie auf den vorangegangenen Werken, eine magische Aura entsteht trotzdem.