Labelman / VÖ: 28. Januar 2022 / Noise Rock
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Text: Michael Bohli
Das Wechselbad der Gefühle wurde von The Waltz frisch eingelassen, bereit, dass wir uns mit gesamtem Körper in dieses wärmende Erlebnis vertiefen. Von der dadaistisch anmutenden Dialogszene bei «Schadenfreude» direkt zum Indie-Gefühl von «Enter The World», zuvor Wut und Chaos, dann wieder Post-Punk-Wellen und irgendwo mittendrin ein Pop-Zuckerchen. «Looking-Glass Self» hält uns nicht nur den Spiegel vor, es bietet als Album ein Labyrinth der reflektierenden Oberflächen.
Die Gruppe aus Belgien hat die stürmische Zeit der Pandemie in klangliche Eruptionen umgewandelt und schütteln uns alle aus der Lethargie. «Looking-Glass Self» ist ein harsch klingendes Album, bei dem die Gitarren immer leicht dumpf und dissonant durch die Songs ziehen, der Gesang in Richtung Geschrei kippt und die Rhythmusabteilung gnadenlos voranschreitet. Von The Waltz sollte man sich nicht abhängen lassen, dann gerät man bestimmt unter die Räder. Auch wenn sich die Gruppe am Ende der Platte mit «Prying Eyes» akustisch und melodienverliebt zeigt, bis dahin wurden Schläge ausgeteilt.
Etwa das famose Schlagzeugspiel von «All The Rage» oder die Kaskaden an Klängen von «Ulterior Motives», zähnefletschend liefert Frontmnan Kevin Anne seine Gedanken und Sätze. Salopp gesagt, ist «Looking-Glass Self» Noise Rock, der sich mit der Gegenwart auseinandersetzt und die herrschenden Strömungen und Befürchtungen in Musik verwandelt. The Waltz sind ideenreich unterwegs und scheuen sich nicht, Wagnisse einzugehen. Das macht dieses lärmige Vergnügen gefährlich nachvollziehbar.