Kscope / VÖ: 12. August 2016 / Art-Rock
pineapplethief.com
Text: Michael Bohli
Willkommen zurück – auch wenn ihr unersättlichen Diebe aller schönen Ananasfrüchte nie ganz weg wart, mit diesem Werk erreicht ihr wieder die Spitze und bietet Vergessenes wie auch Neues. Natürlich bleibt ihr dabei unscheinbar und gebt euch auch von aussen in bekannten Gewändern – denn das elfte Studioalbum wurde mit Bildern von Carl Glover geschmückt. Und damit ist man bei Kscope nie alleine; mit grossartiger Musik im Umfeld des New Prog und Art-Rock auch nicht. The Pineapple Thief spielen aber mit „Your Wilderness“ wieder ganz oben mit.
Gleich mit „In Exile“ steigt man in die Vollen. Das wunderschöne und melancholische Stück bietet den wandelbaren Gesang von Bruce Soord, harte Riffs und fliegende Synthflächen. Dahinter lauert neu das treibende Schlagzeugspiel von Gavin Harrison – und genau dies bringt den progressiven Rock wieder zurück zu The Pineapple Thief. Wie damals bei Porcupine Tree trommelt der Mann mit seinen spannenden Mustern und Techniken in einer anderen Welt. Dies stachelte nicht nur Soord an, seine Musik noch einfallsreicher zu gestalten, sondern verleiht dem Album eine neue Ebene voller Druck und Kraft. Dagegen stellen sich gefühlvolle und perfekt ausgearbeitete Spielereien der Elektronik, eine fantastische Produktion und die neu lieben gelernte Sanftheit. Bereits auf seinem Soloalbum fand Bruce Soord die Ruhe und Nachdenklichkeit, dies fliesst nun direkt in „Your Wilderness“ ein.
Ob sich The Pineapple Thief nun also in Eskapaden wie „The Final Thing On My Mind“ stürzen oder sanft sinnieren wie bei „No Man’s Land“ – alles fügt sich zu einem schier unfassbar ergiebigen und fesselnden Werk zusammen. Die Musiker sind auf der Höhe ihres Schaffens, die Lieder sind kurze Reisen und Geschichten, die mit jedem Kontakt noch vielfältiger werden. Hier findet man kein Lieblingslied, hier kann man sich nicht entscheiden. „Your Wilderness“ ist wie eine Reise mit seinen besten Freunden, wie frisch Verliebtsein, wie ein emotional mitreissender Film – es ist ein perfektes Art-Rock-Album für das 21. Jahrhundert.