Kscope / VÖ: 4. September 2020 / Art-Rock
pineapplethief.com
Text: Michael Bohli
Vor einigen Jahren hätte ich es niemals für möglich gehalten, aber die Art-Rock-Gruppe The Pineapple Thief haben sich zu einer wohltuenden Konstante entwickelt. Mit ihren letzten Alben und der angenehm gefestigten Besetzung zauberten sie immer wieder ein wohliges Gefühl in mein Prog-Herz. Dies setzt „Versions of the Truth“ mit gekonntem Songwriting, tiefgreifender Lyrik und bekannten Sounds fort, ohne jemals wiederholend zu wirken. Diese Band hat ihre Unsicherheiten klar überwunden.
Bereits der Titelsong zeugt an vorderster Stelle auf der Scheibe davon, The Pineapple Thief nehmen sich für den Aufbau Zeit, lassen auf geschickte Perkussion eine klangliche Wucht folgen. Gitarren und Bass übernehmen, das Lied wird immer wilder und lauter – bis zum fantastischen Tempowechsel nach knapp fünf Minuten. Herrlich, mitreissend, überraschend. So muss der moderne und durchdachte Progressive Rock angereichert sein, so werden die Höhen von „Dissolution“ weitergeführt. Diese Vielfalt findet man gleichermassen in „Demons“ oder „Leave Me Be“.
Bruce Soord und seinen Mannen benötigen aber kein konstantes Chaos, das Album funktioniert gleichermassen in den bedächtigen und reduzierten Stellen. „Stop Making Sense“ und „Driving Like Maniacs“ bilden einen intelligenten Gegenpol zum Wahnsinn der heutigen Zeit und The Pineapple Thief beweisen sich als Hafen der Vernunft und Sitte. Das geht soweit, dass man nicht nur dank Schlagzeuger Gavin Harrison bei „Our Mire“ an Porcupine Tree denkt. Die Formation von damals vermisst man allerdings nicht, „Versions of the Truth“ ist das Hier und Jetzt. Und es ist gut, sehr gut.