Band: The Fur Coats
Album: Mirror Gazing
Genre: Psychadelic Rock / Pop /Garage
Label: Rola
VÖ: 15. Juli 2018
Webseite: thefurcoatsmusic.com
„Mirror Gazing“ scheint ein passend gewählter Titel für die zweite EP der sechs Mann und Frau starken Truppe aus Portland, dem kleinen Bruder von Seattle, zu sein. Sie beinhaltet die drei letzten Singles „We Live“, „Real Love“ und „In The Garden“, welche alle im Verlauf des letzten Jahres erschienen sind. Die Songs sollen die Verschiebung der Perspektive des „Kollektivs“, wie sich The Fur Coats selber bezeichnen, vom Dunkel zum Hellen verkörpern. Sehr dunkel erscheinen die Songs jedoch alle nicht: Der Mix aus funkigen Gitarrensounds, verträumtem, effektbelastetem, mehrstimmigem Gesang und Gehauche von sowohl Frauen- wie auch Männerstimmen, wildem Getrommel und hi und da ein paar Bläsern lässt mehr an Sonnenuntergänge auf dem etwas schrägen Hippie-Bauernhof erinnern.
Psych-Soul-Pop nennt diesen Mix, dies ist sicherlich nicht weit gefehlt. Die einzelnen Parts der jeweiligen Songs unterscheiden sich jeweils stark voneinander, kunterbunt mischen sich die Klangfarben und Stimmungen. Dieses Kunterbunte greifen die sechs auch in ihren Musikvideos auf: Pinke Seerosen, gelbe Schleier, sich schnell überlappende und scheinbar unzusammenhängende Bilder, bunte Pillen die im Hintergrund vorbeifliegen und exzentrisch geschminkte Männer – dies sind die Verbildlichungen der Songs, die die Gruppe selbst am zutreffendsten zu finden scheint. Und da gebe ich ihnen recht, denn die Videos zu den drei bereits veröffentlichten Singleauskopplungen verleihen den Songs das gewisse Etwas, das zur Vollendung beim alleinigen Hören noch fehlt.
„Transmortal Vibes“ und „Don’t Be Cruel” sind die verbleibenden Tracks auf der EP. Ersterer ist ruhig und verträumt, im Vergleich zu den anderen Songs sehr simpel gehalten. Passend für einen romantischen Abend unter Sternenhimmel, wie es scheint. „Don’t Be Cruel“ hingegen ist abwechslungsreicher, jedoch auch eher ruhig. Und mit sehr penetrantem Basslauf, welcher sich mit sehr penetrantem Synthie-Sound abwechselt.
„Mirror Gazing“ ist nicht so leicht zugänglich, wie es die letzte, und mit Abstand poppigste Singleauskopplung „In The Garden“ erwarten liesse. Die sechs Musiker scheinen ihrer Fantasie freien Lauf gelassen zu haben. Dass das Spass macht, ist nicht nur zu erwarten, sondern in den fünf Songs auch zu hören. Wäre die EP eine Person, so wäre sie wohl der schräge Typ aus der Schulzeit, der immer bunte Kleider aus dem Brocki getragen hat, früh begonnen hat zu rauchen und sich lieber in die Plattensammlung der Eltern vertieft hat, als MTV zu schauen. Ein bisschen nervig war er manchmal, aber lustig ist er trotzdem auch, und wenn einem nach einem Gespräch über philosophische Themen aller Art zu Mute war, dann war er sicherlich der richtige.
Und hin und wieder fragt man sich dann, ob dieser Typ von früher, dessen Namen man schon gar nicht mehr genau weiss, jetzt ein Leben im Hier und Jetzt fühlt, oder ob er irgendwo unterwegs verloren ging. Ob The Fur Coats aus solchen schrägen Typen – und Typinnen – von früher besteht, kann ich nicht beurteilen. Aber gut vorstellen könnte ich’s mir.
Tracklist:
1. Real Love
2. We Live
3. In The Garden
4. Transmortal Vibes
5. Don’t Be Cruel
Bandmitglieder:
Chris Hoganson
Betty Downey
Anna Tyler
Nathan Weber
Jacob Early
Matthew Lynch
Gründung:
2013
Text: Sarah Rutschmann