Band: The Explorers Club
Album: The Explorers Club
Genre: 60ies Pop
Label: Goldstar Recording
VÖ: 12. Juni 2020
Webseite: theexplorersclub.com
Wenn eine Band ihr viertes Album mit dem Bandnamen betitelt, will sie vermutlich sagen: Jetzt ist es so weit, wir sind da, wo wir hinwollten. „The Explorers Club“ von Jason Brewers immer wechselnden Kollektiv The Explorers Club kann man das durchaus attestieren.
Das bisherige Oeuvre des Trosses aus South Carolina ist eine einzige Salve an Klangkopien. Vor gut zwölf Jahren begann Mastermind Brewer seine musikalische Reise mit Soundspielereien nach dem Vorbild der Beach Boys. Die Akkordfolgen, die Gesangsharmonien, die Heile-Welt-Lyrics: Das hätte direkt aus Brian Wilsons Feder stammen können.
Doch wer sich darauf beschränkt, einen derart spezifischen Sound wie jenen der Beach Boys zu imitieren, schafft es kaum über den Status einer Cover-Band hinaus – auch wenn Brewer sich bis dato von Covers fernhielt.
Auf den Alben zwei und drei bediente sich der Komponist auch anderer Klangelemente, etwa von den Easy-Listening-Königen Burt Bacharach und Bobby Goldsboro, den Sonnenscheinrockern The Turtles oder den Beatles-Trittbrettfahrern Byrds und Monkees. Die Alben waren geprägt vom Streben nach einem authentischen Sound, bestehend aus Popmusikelementen der Sechziger. Allerdings wirkten die neuen Komponenten künstlich collagiert, zu sehr bemüht um Eigenständigkeit.
Doch nun hat es Brewer geschafft. Auf dem neuen Album umarmt er die Reverenzen, statt ihnen mühselig auszuweichen. Das beginnt gleich mit dem ersten Track „Ruby“, den er nicht nur mit denselben Akkorden, demselben Pianogroove einleitet wie „Elenor“ von The Turtles, sondern die Lyrik auch noch gleich phrasiert. Damit schreibt Brewer auch ein bisschen Popgeschichte weiter. Denn The Turtles komponierten „Elenor“ demonstrativ als offensichtliche Kopie ihres Superhits „Happy Together“, weil ihre Plattenfirma jahrelang einen vergleichbaren Hit gefordert hatte. Doch sie versetzten ihren Folgesong mit einem flappsig-lächerlichem Text. Mit „Ruby“ kopiert Brewer nun „Elenor“, schenkt dem Songmaterial aber wieder einen ernsthafteren Inhalt – mit dem Seitenhieb „Let’s get it right“ im Refrain.
„Don’t Cry“ beginnt fast identisch wie Goldsboros Version von „By The Time I Get To Phoenix“ und setzt dessen Fortgeh-Geschichte eine Rückkehr entgegen. „Look To The Horizon“ knüpft unverkennbar an Burt Bacharachs klassische Flügelhorn-Arrangements von Songs wie „I’ll Never Fall in Love Again“ oder „What The World Needs Now“ an. Der Song „Love So Fine“ erinnert an eine Kombination zweier der komplexesten Beach-Boys-Kompositionen, „Cabinessence“ und „Surf’s Up“, die während der legendären „Smile“-Sessions entstanden. Die Songs waren so etwas wie Geschwister, erschienen dann aber auf verschiedenen Alben – sozusagen bei der Geburt getrennt. Brewer sorgt für die Wiedervereinigung.
Ein Geniestreich ist das Album nicht etwa wegen der zahllosen Reverenzen, sondern vielmehr, weil man es vom ersten bis zum letzten Ton gerne hört, auch ohne eine einzige Reverenz zu erkennen. Die Songs sind eigenständig, die Anspielungen elegant und unaufgeregt eingewoben; das Klangerlebnis ist ein tonaler Genuss, passend zu einem Glas Rotwein an einem lauen Sommerabend. Wer will, kann aber auch in die Untiefen der Popgeschichte der Sechziger eintauchen, auf Spotify nach Direktvergleichen suchen und dabei überraschende Schätze entdecken.
Und wie um seine endlich gefundene Eigenständigkeit zu zementieren, veröffentlicht The Explorers Club mit „To Sing And Be Born Again“ zeitgleich ein Album mit Covers. Denn wer angekommen ist, darf auch covern.
Tracklist:
1. Ruby
2. One Drop of Rain
3. Love So Fine
4. Mystery
5. Don’t Cry
6. It’s Me
7. Dawn
8. Dream World
9. Say You Will
10. Somewhere Else
11. Dreamin‘
12. Look To The Horizon
Bandmitglieder:
Jason Brewer – Gesang und Gitarre
Joel Parks – Bass
Chase Johnson – Keyboards
Matt Goldman – Schlagzeug und Perkussion
Gründung:
2005
Text: David Kilchoer