Kiepenheuer & Witsch / ISBN: 978-3-462-00777-0
Autoren: Tex Brasket und Christian Schlodder
Text: Cyril Schicker
Kennst du Nathaniel Gram Brasket?
Wenn nicht, ist das kein Wunder. Nathaniel Gram Brasket aka Tex Brasket war bis 2021 ein Unbekannter, ein Getriebener, ein vom Leben Gekennzeichneter, ein Obdachloser, ein Drogensüchtiger, ein Überlebenskünstler, ein Vater zweier Kinder, ein talentierter Strassenmusiker.
Seit Tex Brasket zum Sänger der deutschen Punkband mit Kultstatus, Slime, avancierte, erlangte der gebürtige Amerikaner Bekanntheit, zumindest in der Szene. Sein Werdegang liest sich wie das Drehbuch eines Horrorfilms – mit ebendiesem, noch immer anhaltenden Happyend. Denn Tex Brasket ist als Slime-Sänger akzeptiert und hat seine längst gefundene Berufung nun endlich professionalisiert.
Dies alles kannst du in „Dreck und Glitzer – Eine Geschichte von der Strasse und vom Licht an dunklen Orten“ nachlesen. Es ist ein Gemeinschaftswerk von Tex Brasket sowie dem Journalisten und Tex‘ Freund Christian Schlodder. Abwechlungsweise erzählen die beiden ihre Story rund um das Leben von Tex Brasket. Die Geschichte ist, wie gesagt, überwiegend eine Ansammlung von Leid sowie Elend – und doch lese(-r)vergnüglich gestaltet.
Tex Brasket kommt bereits als Drogensüchtiger in Texas, USA, zur Welt. Sein täglich Brot war Gewalt, Rausch, psychische Erkrankungen & Co.: ein Seiltanz in den Abgrund schlechthin. Irgendwo im Bayrischen Nirgendwo wächst er bei Adoptiveltern auf und (quasi) irgendwann wacht er auf dem „langen Jammer“ in Berlin auf. Als wäre das Leben ein schlechter Traum.
Oder, wie Tex Brasket es in wunderbar ironischer Art und Weise sagt: Welcome to Disneyland. Sein Disneyland war zuerst Amerika, dann Deutschland, wieder die USA, um schliesslich erneut in Deutschland zu landen. „Dreck und Glitzer – Eine Geschichte von der Strasse und vom Licht an dunklen Orten“ ist fast schon zu harsch und wiederum fast schon zu schön, um wahr zu sein.
Dem Slime-Sänger sei es gegönnt, dass er nach so vielen Jahren (Überlebens-)Kampf nicht, ja klar, gestorben ist und vor allem, dass er nicht bei irgendeiner Pfadfinder-Musikkapelle Unterschlupf gefunden hat. Mit Slime bespielt er die grösseren bis grossen Bühnen, europaweit.
Er, der sich als Lagerist, Landschaftsgärtner, Pferdepfleger auf dem Gnadenhof, Tierpfleger in einer Veterinärklinik, Tellerwäscher, Hafenarbeiter, Roadie und Drogendealer verdingte, als „Naturschützer“ dem falschen Löwenzahn sowie anderen invasiven Pflanzen den Kampf ansagte und dadurch heimischen Schmetterlingen die Lebensgrundlage zurückgab, hat einiges falsch gemacht, aber noch mehr richtig.
Richtig ist auch dieses Buch herausgekommen, ist es doch keine Litanei gegen Tex‘ schicksalsgeschwängertes Leben. Viel mehr ist es eine spannende bis schier unglaubliche filmreife Verwandlung. Eben, willkommen im Disneyland – à la Tex Brasket.
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