Tonzonen Records / VÖ: 4. Dezember 2020 / Dark Jazz, Doom
taumel.net
Text: Michael Bohli
Als Genrebezeichnung gefällt mir persönlich Dark Jazz nicht, denn wieso darf der normale Jazz nicht düster sein? Oder wieso sollte man nicht einfach von Doom und Slowcore sprechen? Wie dem auch sei, Taumel legen mit ihren Debütalbum „there is no time to run away from here“ eine schleppende und im Schatten funkelnde Scheibe vor, die sich neben etablierten Gruppen wie Bohren & Der Club Of Gore hinsetzt. Klavier, Gitarre, Flügelhorn und Schlagzeug – minimalistische Klangentwicklungen als Träume.
Instrumental gehalten und als halbstünde Suite konzeptioniert spielen Taumel Musik, die sich wie der schwere Nebel anschleicht. Nach anfänglichen Begrüssungen mit viel Zurückhaltung lässt „no time“ die Dringlichkeit spürbar werden. Besonders das Flügelhorn agiert als wichtiger Charakter, mit Effekten erweitert, mit der verzerrten Gitarre akzentuiert. Mehr Zweifel und Unsicherheiten erhält das Album bei „to run“, hier sind die Lücken zwischen den gespielten Tönen genauso wichtig, wie der Rest.
Eine Tugend des Jazz, wie die Besen auf den Trommeln oder das Sprengen von Grenzen. Wild und rasend ist „there is no time to run away from here“ deswegen nicht geworden, sondern ein tiefgründiger Gedankengang im Herbst. Sehr wohl aber scheren Taumel immer wieder aus und führen als Quartett fort, was die einzelnen Künstler in Bands und beim Schreiben von Soundtracks erlernt haben. Musik zum Fühlen, Lieder zum Versinken. Egal unter welchem Stilbanner.