Im Gespräch mit: Ralf W. Garcia von Wolf Counsel
Frisch im Regal und immer noch heiss wie die langsame, alles zerfressende Lava ist das neuste Album „Ironclad“ der schweizer Doom-Metal Gruppe Wolf Counsel.
Veröffentlicht auf dem Basler Label Czar Of Crickets, bringt die Gruppe viel neue Energie in das alte Genre. Ein guter Grund für uns, bei Ralf Garcia (Sänger und Bassist der Band) genauer nach Infos zu forschen.
Michael: Hei Ralf, besten Dank für die Interview-Möglichkeit. Zuerst möchte ich sagen, dass euer neustes Album echt toll geworden ist.
Ralf W. Garcia: Hallo auch. Vielen Dank, wir sind sehr überrascht, dass das Album offensichtlich so gut ankommt und interessierte Hörer erreicht. Das ist heutzutage bei der Flut an Veröffentlichungen absolut nicht selbstverständlich. Von daher: Merci vielmals.
Ralph / Ralf – nicht nur Namen von Bandmitgliedern, sondern im skandianvischen die Bedeutungsgeber von Wolf Counsel. Das kann ja kein Zufall sein oder?
Nein, das ist kein Zufall. Es ist aber erstaunlich, dass ihr die ersten seid, welche dieses Thema ansprechen. Bisher kam nie die Frage nach dem Bandnamen. Es ist ja bekanntlich relativ schwierig einen passenden Namen für eine Band zu finden, welcher noch nicht vergeben ist. Als wir einen Namen suchten war es naheliegend bei relativ persönlichen, simplen Dingen für Inspiration nachzuschauen. Ralf kommt u.A. vom altdeutschen Radulf, was „Rat des Wolfes“ bedeutet. Und somit hat sich daraus Wolf Counsel ergeben. Die Tatsache, dass in dieser Band und den Songs sehr viel Herzblut liegt, macht den Namen zudem noch passender und persönlicher.
Gerade die nordischen Ländern bieten eine gute Heimat für düstere und krachende Bands. Ob es an der kalten Luft, den dunklen Tagen oder anderen Faktoren liegt sei dahingestellt. Wie lässt sich der oft oberflächliche Glanz in der Schweiz dazu anwenden, Doom zu spielen?
Alles im Leben und auf dieser Welt hat meiner Meinung nach zwei Seiten – ohne Licht kein Schatten und somit ist nichts reiner „Glanz“. Was die Band betrifft hat die Schweiz als solches aber keine Rolle gespielt. Die Inspiration und Ideen für die akustische und visuelle Umsetzung der kreativen Impulse kommen aus sehr alltäglichen Dingen und aus persönlichen Erfahrungen wie Krankheit, Schmerz, Verlust, Wandel oder Veränderung. Diese Dinge sind relativ unabhängig von einem Ort auf der Welt. Wie wir ja alle wissen ist ja auch die Schweiz, wie jedes Land, nicht nur schön – und wenn eher oberflächlich und oft nicht echt. Manchmal muss man sich die Mühe machen und genauer hinsehen, dann erkennt man das Verborgene. Das wiederum lässt sich dann auch für kreative Ideen brauchen.
Hat eine aktuelle politische und soziale Stimmung im Umfeld überhaupt Einfluss auf eine Stilrichtung wie Doom?
Ich kann nur für unsere Band sprechen und weiss nicht, wie dies bei anderen Doom-Bands ist. Stimmungen und Geschehnisse beeinflussen uns letztendlich alle auf eine Weise und nimmt somit bestimmt auch Einfluss auf die Musik. Doom ist für mich ein Ausdruck von Emotionen, von Erfahrungen jeglicher Art und von überhaupt menschlichen Themen – aber auch von Spirituellem, Okkultem und Dingen, welche nicht naturwissenschaftlich fassbar sind. Doom ist in dieser Hinsicht eine Konstante und sicherlich auch beeinflusst von politischen oder sozialen Veränderungen. Davon abgesehen gab es diese Veränderungen schon immer – auch schon damals vor 40 Jahren, als Black Sabbath ihre ersten Gehversuche unternahmen.
Wolf Counsel existieren erst seit zwei Jahren, aber in der kurzen Zeit wart ihr extrem produktiv. Nach zwei Alben folgen nun vermehrt die Konzerte, 2017 ein weiteres Werk. Ist die Kreativität bei euch als Team immer sehr hoch, oder gibt es einzelne treibende Kräfte?
Ende 2013 war es für mich an der Zeit endlich den innigen Wunsch nach Doom in die Tat umzusetzen und so ergab sich das erste Album, welches im Januar 2014 erschien. Das neue Album „Ironclad“ entstand mehr oder weniger kurz danach. Ein kreativer Fluss von Ideen begleitet mich eigentlich ständig, wodurch einzelne Riffs, Textpassagen und anderes zusammenkommen. Sobald die instrumentalen Grundgerüste der Songs fertig sind, gebe ich dies dann Reto Crola (Schlagzeug) und er fügt seine Arrangements dazu. Dazu kommen Texte, Gesangslinien und Gitarrensoli – und oft steht ein Song dann bereits. Ab und zu feilen wir noch an einzelnen Details, aber im Grossen und Ganzen funktioniert es meistens so wie beschrieben mit Reto und mir als kreativer Kern.
Der Fokus bei euch hat sich von Projekt zu Hauptband gewandelt – wie schwierig ist es dabei, alle Mitglieder zusammen zu bringen und sich Zeit für Konzerte zu schaffen?
Die Organisation einer Band an und für sich ist eine Herausforderung. Letztendlich läuft es aus meiner Sicht immer darauf hinaus wie man seine Prioritäten setzt. Momentan planen wir Konzerte relativ weit voraus, von daher ist das etwas einfacher. Die Zukunft steht aber noch in den Sternen. Natürlich wäre es optimal, wenn wir möglichst viele Shows mit Wolf Counsel spielen könnten. Ich persönlich sehe da aktuell kein Problem, da wir uns laufend absprechen und regelmässig proben. Wolf Counsel hat ganz klar aktuell und bis auf weiteres Vorrang.
Ihr mischt in eurem Doom mehrere Spielarten des Metals, aber auch Genres wie Stoner-Rock bei. Gehe ich richtig in der Annahme, dass bei euch in der Freizeit nicht nur die dunklen Künste auf dem Plattenteller drehen?
So genau habe ich die Einflüsse selber noch gar nicht analysiert. Lieder bei Wolf Counsel kommen aus der Seele und den Eingeweiden – das ist nicht sehr rational geplant. Aber es ist schon richtig, dass wir alle zu Hause sehr unterschiedliche Musik hören und mögen – von klassischem Metal, hin zu Death/Grindcore, Punk, aber auch 70er Jahre Hardrock/Progrock und vieles mehr. Sehr vielfältig und breit. Natürlich auch sehr viel Doom in sämtlichen Formen und Stilen – alte Klassiker und sehr viele neue Bands.
Wie seht ihr die Zukunft als Metal-Band, ist es in ein paar Jahren überhaupt noch möglich mit solcher Musik das Leben zu bestreiten, oder wird sich der Schwerpunkt immer mehr in Richtung Aufopferung und Hobby verschieben?
Es gibt heute nur sehr wenige Musiker, welche hauptberuflich davon leben können. Im deutschsprachigen Raum und in Metalbands kann man diese vermutlich an wenigen Fingern abzählen. Selber kenne ein paar solche Künstler. Für mich ist es eine Lebenseinstellung, ein Lebensstil. Musiker sein und kreativ zu sein beginnt man irgendwann, sehr oft bleibt dies ein existentieller Bestandteil für das restliche Leben. Die Tatsache, dass man davon meistens seine Rechnungen nicht bezahlen kann ist natürlich schade. Aber wichtiger ist es aus meiner Sicht, das zu schätzen und zu zelebrieren was man erschaffen hat und versucht, sich ständig weiter zu entwickeln und nicht zu stagnieren. Das Leben kann man auf sehr viele unterschiedliche Arten bestreiten – und was zu Essen und ein Dach über dem Kopf wird es schon immer irgendwie geben.
Braucht es überhaupt noch Mitmusiker, oder wäre es nicht einfacher und schneller, neue Alben zu Hause aufzunehmen und via Internet zu verteilen?
Aus meiner Sicht benötigt es unbedingt mehrere Musiker und kreative Köpfe, zumindest im Kontext von Wolf Counsel. Musik ist etwas sehr menschliches. Natürlich könnte man auch alles alleine machen, aber die Wirkung live auf einer Bühne mit einer vollen Band zu spielen ist etwas, was man über das Internet nicht reproduzieren kann.
Was bedeutet für euch als Band denn der Kontakt zu den Fans und Konzertbesucher?
Das ist eine sehr wichtige Sache. Einerseits freut es uns natürlich, wenn jemand etwas schätzt was man erschaffen hat. Darüber hinaus ist es aber eine Ehre und Freude, wenn wir Leuten bei einem Konzert etwas mitgeben können. Musik und in unserem Fall Doom soll bewegen und berühren. Von daher ist der Kontakt zu Konzertbesuchern vor, während und nach einer Show absolut essentiell.
Gemeinsam mit vielen anderen harten Bands geniesst ihr die Heimat bei Czar Of Crickets (Unterlabel Czar Of Bullets). Das fühlt sich bestimmt etwas wie eine verrückte Patchwork-Familie an??
Ich kenne nicht alle Bands und Musiker persönliche bei unserem Label, aber es ist schon cool wenn man sich mit Anderen zufällig bei Konzerten trifft, sich austauscht oder feiert. Wir haben, was naheliegend ist, mit Zatokrev, Phased und Ashtar unregelmässig im Sinne des direkten Austausches zu tun. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass wir auch Konzerte zusammen spielen. Czar Of Crickets ist aber davon mal abgesehen für uns der perfekte Ort und das perfekte Zuhause für Wolf Counsel.
Gibt es bei einem solchen Label einen Austausch mit anderen Bands, oder bleibt die Zusammenarbeit auf das Übliche beschränkt? Wie kam es denn zu dem Signing?
Wie erwähnt, trifft man sich ab und zu mal zufällig bei Konzerten oder Festivals und tauscht sich aus. Manchmal gibt es auch gemeinsame Konzerte, aber ansonsten macht schon jeder sein Ding – der Kontakt ist durchwegs sehr kollegial. Bezüglich des Signing war es eigentlich so, dass Czar Of Crickets bzw. Fredy das erste Album gehört hatte und wir alle damals gerne bereits das Werk auf dem Label veröffentlicht hätte. Leider passte es zeitlich nicht, das neue Album wurde darum bereits 2015 vorbesprochen. Das hat uns natürlich sehr gefreut.
Besten Dank für das Interview.
Ebenfalls vielen Dank für die Fragen.
Interview: Michael Bohli