29. März 2017
Im Gespräch mit: Pascal Grünenfelder – Bassist bei The Universe By Ear
Mit jeder Veröffentlichung rückt die Weltherrschaft für das Basler Label Czar Of Crickets etwas näher – so auch mit der Debütsüberraschung von The Universe By Ear. Das Trio aus der Rheinstadt zeigt, dass Progressive Rock noch lange nicht zu der verstaubten Vergangenheit gehören muss. Die Gruppe mischt auf „The Universe By Ear“ nicht nur viele Einflüsse, sondern trocken und kernige Rockmusik mit Psychedelic und Komplexität. Wo finden die Musiker bloss ein solch tiefer Fundus an Ideen und Elan?
Michael: Eure Band, und nun natürlich auch das fantastische Album, werfen grosse Wellen in vielen Ländern. Wie fühlt sich dies an, besonders nach all der harten Arbeit?
Pascal: Es ist selbstverständlich schön, wenn so eine Geburt Beachtung findet. Wir machen bei The Universe By Ear zwar in erster Linie Musik, die uns Spass macht und gefällt, wenn aber auch andere Ohren Freude daran finden, ist das natürlich ein sehr beglückendes Gefühl. Als neue Band startet man ja sozusagen im luftleeren Raum, mit einem ersten Album geht man dann auf die Welt zu und wird von aussen reflektiert. Dann ist es schon schön, wenn man verstanden wird.
„The Universe By Ear“ wandelt immer wieder zwischen improvisiert wirkenden Momenten und stringent durchgeplanten Szenerien. Wie schreibt man solche Songs?
Im Trio. Etwas, das wir aus früheren Bands kennen und nun bewusst vermeiden wollen, ist, dass man Ideen nur zu gerne komplett fertig in die Band bringt. Wenn man aber gezielt nur mit Setzlingen in den Proberaum kommt, dann kann daraus ein Wald entstehen statt nur eines Baums. Konkret heisst das, dass wir aus Riffs oder Akkordfolgen in sehr schneller Arbeit einen ganzen Song skizzieren. Oft ist in einem ersten Take, den wir nach einer halben Stunde aufnehmen, schon sehr viel von dem drin, was am Ende nach einem halben Jahr Detailarbeit das Arrangement ausmacht. Gerade bei komplexer Musik muss man zuerst in groben Pinselstrichen arbeiten, damit ein Song am Ende einen stimmigen Bogen spannt und in besten Fall einen Sog entwickelt. Und ja: Improvisation muss immer Platz haben.
Wieso gründet man in der heutigen Zeit, und vor allem in einem kleinen Land wie der Schweiz, eine Progressive Rock Gruppe? Gilt dieses Genre nicht seit den 70ern als verstaubt?
Guter Punkt. Wieso gründet man überhaupt noch eine Band, wo man als DJ mit dem gleichen Aufwand ein Vielfaches an Erfolg haben könnte? Wir haben The Universe By Ear gegründet, weil wir diese Musik spielen wollen, weil wir uns zu dritt austauschen wollen, weil jeder von uns besser spielt, wenn die anderen zwei dabei sind. Eine rein egoistische Überlegung, fern von allen Genre-Etiketten.
Gibt es Gruppen aus der Schweizer Prog-Szene, die euch ein Vorbild waren?
Ehrlich gesagt: Nein. Hat aber auch damit zu tun, dass Schweizer Bands in der Schweiz meist weniger Beachtung finden als im Ausland. Es gibt heimische Gruppen, die uns gefallen – Honey For Petzi, Evelyn Trouble, Zatokrev, Leech, Young Gods und andere – aber diese Gruppen schätzen wir vor allem für ihre Eigenständigkeit. Musikalisch haben sie oft wenig gemein mit uns.
Gerne werden bei eurem Klangbild die Tüftler King Crimson genannt. Darf man dies überhaupt sagen, oder trifft es euren Nerv gar nicht?
Da müsste wohl jeder von uns Dreien für sich antworten. Gitarrist Stef vergöttert Crimson, besonders ihren Mut, sich alle paar Jahre neu zu erfinden. Robert Fripp hat Facetten, die mich unglaublich begeistern, aber auch solche, die ich nicht übernehmen möchte. Es gibt sicher stossendere Vergleiche. Sehr anziehend ist ihre Mischung aus komplex/schwierig/sperrig und eingängig/melodiös/groovig.
Ihr seid nur zu dritt – werden die Stücke von eurem Debüt live von sechs Händen gespielt werden können?
Wir benötigen auch noch sechs Füsse dazu (Drumpedals und jede Menge Effektpedale) sowie drei Münder. Da das Album weitestgehend – mit Ausnahme ein paar weniger Overdubs und Studioeffekte – live eingespielt wurde, kommen wir dem Sound auch auf der Bühne recht nahe. Ziel war es von Anfang an, ein Maximum an Klangvielfalt und -dichte aus der Power-Trio-Besetzung zu holen. Für uns gibt es momentan keine bessere Besetzung für eine Rockband.
Was ist schöner, das Universum zu sehen oder es zu hören?
Hören, aber hallo! Ein faszinierender und oft vernachlässigter Sinn. Wann hast Du zum letzten Mal mit geschlossenen Augen ein ganzes Album gehört?
Am Czar Fest werdet ihr nebst vielen anderen Bands und Musikern des Labels Czar Of Crickets auf der Bühne stehen. Wen darf man – nebst euch natürlich – auf keinen Fall verpassen, wo findet man euch also auch in der Meute?
Da wir die Ehre haben, diese zwei Tage zu eröffnen, werden wir wohl die ganze Zeit zwischen Bühne und Bar anzutreffen sein. Meist sind Neuentdeckungen das tollste an solchen Festivals. Also werden wir versuchen, von jeder Truppe ein Ohr voll abzubekommen.
In Basel wird die harte und brutale Szene der Musik immer stärker und vielfältiger. Wie weit zählt ihr euch selber dazu?
Basel hat das Problem, vor Jahren in so viele Unterszenen zerfallen zu sein, dass am Ende jede Band zu ihrer eigene Szene wird. Alleine deswegen ist ein Zusammenhalt, so wie er nun um die Czar-Labels entsteht, eine tolle Entwicklung. Selber sehen wir uns wohl eher am weichen Rand der harten Szene. Wobei Musik ja immer subjektiv bleibt. Ich persönlich finde 77 Bombay Street enorm brutal.
Würde euer Album auch von Bewohnern fremder Planeten verstanden werden – oder sind die Klänge doch zu irdisch?
Ich denke nicht, dass unsere Sounds ausreichen, um Welten zu vereinen oder einen intergalaktischen Krieg anzuzetteln. Sehr gerne würde ich aber einen Monat in einem UFO mitreisen, um ein paar neue Inspirationen zu sammeln.
Danke für das Interview.
Wir danken für die spannenden Fragen und die offenen Ohren.
Interview: Michael Bohli