Datum: 18. Februar 2012
Ort: Alte Kaserne – Winterthur
Geschrieben von: AJ
Im Gespräch mit: Mario Calabrese von Silizium
A: Was war der Auslöser, dass du 2007 das Projekt Silizium gegründet hast?
Mario: Der Auslöser war eigentlich als DJ im Jahre 2006. Ich wollte schon immer die Menschen mit meiner Musik bewegen, allerdings hat mir das als DJ nicht gereicht. Ich habe als Kind schon viel Gitarre gespielt und das wollte ich alles wieder hoch nehmen. Angefangen hat es mit kleineren Sachen, da gab es den Namen Silizium noch gar nicht. Ich habe das damals über meinen DJ-Namen veröffentlicht, wollte dann aber was Richtiges machen. Ich bin ein sehr nachdenklicher Mensch und da mir Musik, welche aus dem Leben gegriffen ist, gefehlt hat, dachte ich mir: Das will ich machen! Ich brauche eine Art Tagebuch, in dem ich alles niederschreiben und dies in Musik umsetzen kann. So habe ich begonnen, Musik zu machen, welche wie eine Art Tagebuch und Meinungsträger von mir ist.
A: Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, dich nach einem Halbmetall zu nennen? Liegt das daran, dass Silizium für den Körper von Relevanz ist oder wie bist du darauf gekommen?
Mario: Endlich fragt das mal jemand. 🙂 Das hat eigentlich gar nichts mit dem Halbmetall zu tun. Das hat angefangen, dass ich mal Rückenschmerzen hatte und zum Arzt gegangen bin. Im Wartezimmer lag ein Magazin, in welchem es um das Metall Silizium ging. Das war zu der Zeit, als ich schon Musik machte, aber noch auf Namenssuche war. Ich hab`s gelesen und dabei belassen, denn ich nenne mich doch nicht nach einem Halbmetalleiter. Aus irgendeinem Grund habe ich dann doch nochmals im Internet recherchiert, was das eigentlich genau ist. Interessant für mich ist, dass der lateinische Begriff Silex heisst, also so viel wie Kieselstein oder Kiesel. Da dachte ich mir: Genau, das ist es. Jeder von uns ist ein Stein im Fluss des Lebenslaufs. Was mir am Namen „Silex“ nicht gefallen hat, ist das „x“ drin, deswegen habe ich dann doch Silizium gewählt.
A: Auf deiner Webseite schreibst du, dass du dich mit Themen wie Liebe, Aggression, Hass usw. auseinander setzt. Dabei ist mir noch aufgefallen, dass du nebst diesen starken Emotionen auch den „Zusammenhalt“ ansprichst. Ist das Kritik an unserer individualisierten Gesellschaft oder weswegen bringst du diese Thematik mit diesen Emotionen zusammen?
Mario: Das ist wahr, Silizium beschäftigt sich viel mit dem Leben, ist aber gleichzeitig auch eine Meinungsplattform von mir, wo ich unter anderem auch meine Meinungen vertrete. Das hat viel mit der Gesellschaft zu tun, unter anderem auch mit der Schwarzen Szene. Was ich auch schon mal verraten kann ist, dass es im neuen Album noch neue Dimensionen annehmen wird. Ich finde es krass, wie sich die Szene entwickelt hat. Viele Werte gehen langsam verloren, Leute verwechseln Aussehen und Musikrichtung mit den eigentlichen Inhalten des Gothics und das ist ja eigentlich auch das Traurige. Wenn wir uns zurück erinnern, zum Teil wurden wir damals auch aus der Gesellschaft ausgestossen, weil wir anders waren, weil wir schwarz waren und jetzt fängt das langsam an szeneintern zu werden. Wo soll das alles nur hinführen, das sind die Fragen, mit denen ich mich auseinandersetze.
A: Gut, denkst du nicht, dass das generell ein Problem der Menschheit ist? Ich selbst war auch schon in manchen „Szenen“ unterwegs und dies ist eine Thematik, die du überall findest. Bist du sicher, dass liegt an der Szene oder ist das nicht zu einem gewissen Grade auch einfach menschlich bedingt?
Mario: Es ist auf jeden Fall menschlich bedingt, denn sonst würden wir keine Kriege führen. Trotzdem erinnere ich mich aus meiner Jugend an eine Zeit, in welcher explizit in der Gothic-Szene, sowie auch in anderen, wie der Metal-Szene, ich habe mich ebenfalls mit vielen Szenen auseinander gesetzt, das alles noch nicht so krass war. Wenn man Teenager war, dann hiess es „Das machst du jetzt nur, weil du jung bist“. Das war nicht so und das ist das Traurige, wir gehen immer mehr diesen Weg, wo alles abgestossen wird, das irgendwelchen Leuten nicht passt.
A: Was du in deinen Lieder verarbeitest oder holst du dir deine Inspiration auch wo anders?
Mario: Ja, das ist pure Verarbeitung. Ich setz mich nicht abends mit dem Gedanken hin, dass ich jetzt ein Lied darüber schreibe wie doof oder gut die Liebe doch ist. Das ist wirklich nur Verarbeitung. Wie schon gesagt, Silizium ist wie ein Tagebuch für mich.
A: Du hast inzwischen drei Alben herausgebracht. Wie beschreibst du deinen Werdegang in all diesen Jahren? Wie hast du dich selbst und deine Musik seit den Anfängen entwickelt?
Mario: Wenn ich jetzt mein allererstes Album wieder anhören würde, würde ich die CD nehmen, verbrennen, zerstückeln und ja, keine Ahnung, was ich alles mit dieser machen würde. Es gibt zwei Lieder, die haben es wirklich geschafft, das ist ein Mal „Wir“ und „Love Also Means Forgiveness“. Der Rest war sehr experimentell, dieses „Between Aggression and Love“. Bei „Do I Not Fit Into Your Puzzle“, war dann so langsam der Teil, wo ich schon meine Richtung gefunden habe, aber noch nicht ganz ausgebaut habe. Jetzt mit „Schwarz Raum“ ist eigentlich das erste Album, mit dem ich richtig zufrieden bin, wenn auch nicht ganz. 😉 Wenn ich diese drei Alben vergleiche, kann ich persönlichen auf einen schönen Weg zurück blicken, weil ich sehe, dass ich mich mit jedem Album gesteigert habe.
A: Wenn wir doch gleich bei deinen Alben bleiben, hast du dir mit „Schwarz Raum“ Ziele gesetzt und erreichen können?
Mario: Ich habe auf jeden Fall mein Ziel damit erreicht, Aufmerksamkeit zu erregen und endlich mal zu zeigen, dass es noch was anderes gibt, ausser trashiger „Bumm-Bumm“-Musik oder nur rein Gothic. Ich wollte Gothic-Elektro machen und das habe ich mit „Schwarz Raum“ geschafft. Das war mein Ziel und das habe ich auch erreicht.
A: Prima, noch was ganz anderes. Wie bist du zu „Future Fame“ gestossen, du warst doch zu Beginn bei einem anderen Label?
Mario: Ron, also Suono, beziehungsweise der Inhaber von „Future Fame“ ist ein langjähriger Freund von mir. Wir haben uns zu einer Zeit kennen gelernt, da gab es Suono und Silizium noch nicht mal. Wir haben uns schon damals überlegt, irgendwann mal ein Label zu gründen und Ron hatte da schon den Gedanken, dass er das bestimmt machen wird. Nachdem ich mehr oder weniger von meinem anderen Label enttäuscht wurde, hat mich Ron dann auf geschnappt. Auch wenn er mein Manager ist, es ist doch sehr freundschaftlich bedingt und so bin ich zu „Future Fame“ gekommen. Ich musste gar nicht lange darüber nachdenken, Ron ist ein sehr guter Freund und deswegen: „Future Fame“.
A: Das ist verständlich. Was hast du sonst noch für Pläne dieses Jahr?
Mario: Ich arbeite dieses Jahr schon am vierten Album, das nimmt meine grösste Zeit in Anspruch neben meinem Abitur. Zur Zeit ist noch die „Schwarz Raum“- Tour in Gange und hier in der Schweiz ist die erste Station und ja ich freue mich auch schon total auf heute Abend und das ist bis jetzt so der Jahresinhalt. Es geht massig viel Zeit für Silizium weg.
A: Hört sich danach an und ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg. Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, hast du unabhängig meiner Fragerei noch etwas, was du sagen möchtest?
Mario: Ja, ich freue mich auf den Abend hier und möchte dir ganz herzlich danken für das wirklich tolle Interview! Damit grüsse ich auch alle Leser und Hörer und natürlich euer Magazin. 🙂
A: Danke schön! 😀