Datum: 24. April 2014
Im Gespräch mit: Rea Garvey
Rea Garvey hat ein neues Album mit dem Titel „Pride“ am Start. Deshalb durfte ich ihn an einem wunderschönen, sonnigen Frühlingsmorgen in Zürich treffen und er hat mir folgende Fragen beantwortet:
Kathrin: Am 2. Mai kommt dein neues Album „Pride” auf den Markt und die Super Deluxe Edition ist bereits ausverkauft.
Rea: Ja, darüber freue ich mich sehr.
Nimmt dir diese Gewissheit etwas an Aufregung um die Veröffentlichung?
Nein, denn ich glaube, dass die Aufregung nicht nur den Verkauf betrifft. Denn Verkaufen bedeutet, wie viele Leute das Album schlussendlich haben. Was mich natürlich sehr freut, denn das spiegelt sich ja auch in den Charts wieder.
Ich habe aber das Gefühl, dass das Album „Pride“ ein langes Leben haben wird und die Aufregung liegt in erster Linie auf der Resonanz. Also wie die Leute, vor allem auch die langjährigen Fans welche mich immer unterstützt haben, die Musik vom neuen Album empfinden. Natürlich kann ich es nicht mehr ändern. Aber es ist mir schon wichtig, wie meine Musik wahrgenommen wird.
Aber wie schon gesagt, das Album wird ein langes Leben haben. Und für die echten Ergebnisse braucht es einfach Zeit. Ich habe mit diesem Album durch das ganze Songwriting- und den Aufnahmeprozess gelernt, dass es einfach Geduld braucht. Nur ist Geduld nicht gerade meine Stärke, muss ich ehrlich sagen. Ich bin eher ein sehr ungeduldiger Mensch. Aber vielleicht ist es genau das, was ich noch lernen musste.
Weshalb ist der Tag der Veröffentlichung einen Tag vor deinem Geburtstag?
Ich mag Daten. Ich mag einfach Zahlen und Tage. Mehr steckt da nicht dahinter. Es war einfach eine schöne Entscheidung.
Wie denkst du über Facebook etc. Sind diese Medien hilfreich um die Musik unter die Leute zu bringen?
Ich finde, dass jeder Musiker welcher Facebook nutzt einen anderen Einfluss hat. Manche sind Trendsetter und für manche ist es einfach eine Informationsplattform. Ich denke halt, dass es wichtig ist die Leute zu informieren. Aber ob es dann deshalb die Personen dazu bewegt mein Album zu kaufen, daran glaube ich nicht.
Facebook, Twitter und Instagram sind drei verschiedene Dinge und haben auch verschiedene Nutzer. Social Networking ist zu meinem Job geworden. Ich schaue es als tagtägliches Interview an. Man gibt die Informationen weiter und ich freue mich so mit den Fans in Kontakt treten zu können.
Manchmal denke ich aber, dass ich das nicht wirklich so konsequent machen sollte. Manchmal müsste ich mein Handy einfach ausschalten.
Ich fand es zum Beispiel gestern am Flughafen sehr traurig, als alle den Kopf nach unten geneigt hatten beim Aussteigen vom Flugzeug. Das war ein Indiz dafür, dass jeder auf sein Smartphone schaute. Da wurde mir wieder einmal so richtig bewusst, dass das nicht schön ist. Und ja natürlich hatte ich meines auch in den Händen. Manchmal sollte man einfach wieder einmal über den Bildschirm hinaus schauen!
Weshalb finden gerade jetzt deine irische Wurzeln den Weg in deine Musik?
Es war einfach an der Zeit. Ich habe mich lange gegen irische Volksmusik gewehrt, obwohl es ein Teil von meinem Leben war. Jeder hat eine fixe Vorstellung wie irische Musik zu tönen hat und ich wollte zuerst meine eigene Musik machen.
Vor längerer Zeit habe ich das schon einmal ausprobiert, aber ich empfand es für nicht gut. Jetzt verstehe ich die Sprache der irischen Musik. Es sind nicht einfach die Instrumente die das ausmachen, es ist eine „Sprache“ welche sich dahinter verbirgt. Es ist vergleichbar mit Melancholie oder Euphorie, da ist es auch ganz klar wo das her kommt. Ich bin froh, dass ich diesen irischen Ursprung gefunden habe und er mich.
Am Anfang denkst du beim Musikmachen, dass du alles kontrollierst. Doch dann habe ich herausgefunden, dass ich nur ein Teil davon bin. Wie man dann damit umgeht, finde ich sehr entscheidend.
Das ist es dann wohl auch, was deine Musik so authentisch macht, weil es direkt aus deinem tiefen Innern heraus kommt?
Ich bin der Meinung, dass in jedem Menschen Musik steckt. Man muss es nur herausfinden und das kann ewig dauern. Manchmal ist es auch so, dass du dich ganz anders empfindest als dich die Menschen aus deiner Umgebung wahrnehmen.
Das war sehr interessant zu beobachten, als ich meinen Freunden zum ersten Mal einen Song mit irischem Einfluss vorgespielt habe. Die Reaktionen waren sehr positiv und alle haben gemeint, das bist genau du. Mir selber war das gar nicht so klar. Natürlich weiss ich, dass ich das geschrieben und gespielt habe. Aber ob das auch mich beschreibt oder nicht, das wusste ich nicht. Diese Erfahrung war sehr beeindruckend und schön.
Kann man behaupten, dass man dich kennenlernt, wenn man sich auf deine Musik und Texte einlässt?
Ich denke, bei dieser Platte mehr als bei jeder anderen davor. Ehrlichkeit im Songwriting ist schwer zu erreichen, weil du eigentlich damit beschäftigt bist, deine Vorstellung von einem Song in Musik und Text um zu setzen. In diesem Fall habe ich sehr viel gesungen und gespielt. So ist zum Beispiel „It’s A Good Life“ entstanden. Eigentlich ist das eine Demoaufnahme. Es war einfach so ein Moment, das konnte danach nicht mehr übertrumpft werden. So ist es dann aber auch echt und als Zuhörer ist man dann sehr nah. Persönlich habe ich einen Platz für mich und die Musik hat auch einen Platz in mir. Und ich glaube, dass man das sehr gut kennenlernt.
Auf mich wirkst du sehr authentisch. Sowohl auf der Bühne als auch aus den Lautsprechern. Denkst du, dass das dein Schlüssel zum Erfolg ist?
Ich weiss es nicht. Für mich ist es wichtig ehrlich zu sein. Von Anfang an habe ich gespürt, dass eine Lüge immer grösser werden würde. Es würde enorm viel Kraft brauchen nach Aussen etwas darzustellen, was man gar nicht ist. Und damit wollte ich mich nicht beschäftigen. Denn für mich war klar; nein, das bin nicht ich. Das hat mein Leben auf alle Fälle einfacher gemacht, auch wenn ich vielleicht manchmal Blödsinn mache. Aber das bin dann ja auch ich. Ich denke, dass ich auf der Bühne manchmal fast zu ehrlich bin. Und ich glaube zu hören, wie die Leute manchmal denken; das muss ich jetzt nicht unbedingt wissen. Aber es ist dann halt schon raus in die Welt. Es ist für mich einfacher so, als wenn ich eine Rolle spielen müsste. Das war, glaube ich, schon immer so.
Als ich dich im Hallenstadion, damals noch mit der Band Reamonn erlebt habe, war es sehr eindrücklich wie du das Gefühl vermitteln konntest, als würde man in deinem Wohnzimmer sitzen.
Ja, ich fand es super. Meine Eltern waren sogar beim Konzert. In Arenas oder Clubs ist es immer so, dass du mit der Musik die Stimmung aufwirbelst. Und je mehr du das kannst, je mehr ist das Publikum mit dir verbunden. Als Musiker versprühst du diese Energie und bist mittendrin. Und dieses Gefühl ist sehr erfüllend und deswegen geniesse ich das auch. Ich glaube, dass ein sicherer Platz für Musikliebhaber, das schönste ist was ich anbieten kann. Die Musik möchte ich mit dem Publikum zusammen geniessen. Und es geht nur um Musik und nicht noch irgendetwas anderes.
Was war zuerst? Der Song „All That Matters“, oder die Idee mit Heather Nova einen Song zu machen?
Tatsächlich war beides zusammen. Ich hatte die Idee einen Song mit Heather zu schreiben und Sie hatte „All That Matters“ geschrieben, bevor sie mich kennengelernt hatte. Wir sassen zusammen im Studio in Berlin und ich wusste nicht, dass sie eigentlich nicht mit anderen Leuten zusammen schreibt. Nachdem ich sie gefragt habe ob sie eine Idee hat, begann sie diese Melodie zu spielen. Da war für mich klar, das machen wir. Und dann fügte sich ganz einfach ein Teil dem anderen hinzu.
Heather Nova ist irgendwie magisch. Wenn du mit ihr in einem Raum bist, spürst du diese Energie, welche einfach unverwechselbar ist. Ich habe sie in Belgien bei einem Auftritt erlebt, was sehr eindrücklich war. Auf mich wirkte Sie irgendwie wie eine Elfe. Dieses Lied „All That Matters“ ist für uns beide ein sehr wichtiges Stück geworden und verbindet uns sehr. Heather ist wirklich eine super Frau.
Welche Message möchtest du mit dem Album „Pride“ übermitteln?
„Pride“ ist ein Gesamtwerk. Ich weiss nicht; „hier bin ich“? Mit einem Album präsentiere ich auch immer mich. Zeige, wie ich mich gerade fühle. Und ich glaube, dass das dann auch immer das ist, was ich als Message herüber bringe: so bin ich. Und dann gehst du in die verschiedenen Kapitel hinein, wie in einem Buch.
War das für dich wichtig, wieder zurück zu dir und zu deiner Musik zu finden nach The Voice Of Germany?
Das war gar nicht anders möglich. Denn wäre ich in der Show geblieben, hätte ich diese Platte nicht gemacht. Es war mir halt einfach wichtiger. In erster Linie bin ich Musiker. Ich hatte total Lust darauf und es war sehr aufregend. Ich habe mich wie ein Schnellzug in diese Arbeit gestürzt. Musste dann aber mehrere Male die Notbremse ziehen. Ich kann ein Album nicht einfach aus der Hüfte schiessen. Ich muss mir dafür Zeit nehmen, damit ich das dann auch richtig machen kann. Dieser Prozess braucht Zeit, Geduld und passt nicht in Bürozeiten.
Kaufst du CD’s oder magst du lieber MP3?
Langsam löse ich mich von CD’s, obwohl es mir weh tut. Weil ich so viel unterwegs bin, ist es halt schwierig sich CD’s anzuhören. Tatsächlich ist es auch so, dass ich in den letzten sieben Jahren so oft umgezogen bin, dass ich nie eine gescheite Anlage installiert habe. Es ist halt das Schönste in einem CD Laden durch all die Alben zu stöbern und Neues entdecken zu können. Oder von Lieblingsbands an Alben zurück erinnert zu werden.
Bei iTunes oder ähnlichem, musst du halt schon im Vornherein genau wissen, was du willst. Wir ziehen wieder um; zum letzten Mal… für dieses Jahr, und ich werde mir dort Zeit nehmen und eine Musikanlage installieren. Dann kann ich wieder sagen, okay jetzt höre ich mir diese CD an.
Wann können wir dich wieder live sehen in der Schweiz?
Am 2. Mai kommt das Album auf den Markt und damit auch die ganzen Tour Daten.
Dein Traum, deine eigene Musik machen zu können ging offensichtlich erfolgreich in Erfüllung. Was ist dein nächster Traum, den du erreichen möchtest?
Da sind viele Gedanken in meinem Kopf. Aber der erste geht an das ClearWater Project in Ecuador. Wir möchten 2‘500 Familien mit sauberem Wasser versorgen. Das ist ein Traum und wenn der in Erfüllung geht, bin ich extrem glücklich.
Text + Bilder: Kathrin Hirzel