Datum: 13. Oktober 2015
Im Gespräch mit: Theo Hutchcraft & Adam Anderson von Hurts
Anlässlich ihres am 9. Oktober erschienenen Albums „Surrender“, waren die charmanten Briten für ein Showcase in der Schweiz zu Gast. Für uns standen sie vor ihrem Auftritt Rede und Antwort. HURTS punkteten nicht nur mit ihrem neu erschienenen Album, sondern auch mit viel Sympathie und interessanten Antworten.
Olivia: Habt ihr einen Lieblingssong aus dem neuen Album? Wenn ja, welcher ist es und warum?
Theo: Das ist schwierig zu sagen. Die Lieder auf dem neuen Album sind alle so verschieden. „Lights“ jedoch, gefällt mir besonders gut, es zeigt eine neue Facette von Hurts. In der ganzen Bandgeschichte habe ich kein Lied so oft gehört. Nebst dem ganzen Schreib- und Aufnahmeprozess habe ich noch eine Choreographie für das Musikvideo gelernt. In dieser Zeit hörte ich dieses Lied tagelang auf und ab. Trotzdem, dass ich diesen Song schon unzählige Male gehört habe, mag ich ihn immer wieder aufs Neue.
Olivia: War es herausfordernd, diese Choreographie zu erlernen und hast du jetzt ein neues Hobby?
Theo: Ja, es war ziemlich schwierig, aber es hat mir sehr viel Spass gemacht. Und ja, ich habe definitiv ein neues Hobby gefunden.
Olivia: „Weight Of The World“ ist ein sehr nachdenkliches Lied. Wie sehr beschäftigen euch die aktuelle politische Lage und die Geschehnisse auf unserem Planeten?
Beide: Wow, das ist eine sehr schwierige Frage.
Theo: Natürlich sehr, man kann dem auch nicht ausweichen. Besonders wenn du so viel unterwegs bist, wie wir es sind. Es macht es zusätzlich schwierig, da die Probleme grösser sind als deine Macht, sie zu lösen. Es ist aber wichtig, dass man sich darum kümmert. Denn wenn es dich zu wenig kümmert, genau dann passieren die schlimmen Sachen. Aber es ist sehr schwierig…
Miriam: Glaubt ihr, dass Musik die Welt verändern kann? Wenn ja, was würdet ihr euch für eure Musik wünschen?
Adam: Mehr Musik, damit man der Wirklichkeit für einen Moment entfliehen kann. Beispielsweise dem Krieg. Vor ein paar Jahren waren die Probleme noch nicht so gross, dennoch war das Leben manchmal schwierig und es gab viele Probleme. Wenn man jedoch Musik hört, kann man für einen Moment der Realität entfliehen und in eine andere Welt verschwinden. Es ist ein schönes Gefühl, den Leuten diese Möglichkeit zu geben. So kann man mit Musik, zumindest für einen kurzen Moment, die Welt verändern.
Theo: Musik ist etwas, dass die Kraft hat, die unterschiedlichsten Menschen zusammenzubringen. Niemand weiss warum Menschen Musik überhaupt mögen. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Erklärung. Das ist irgendwie seltsam. Ich denke, es muss auf irgendeine Art und Weise sehr wichtig sein und in den Menschen etwas auslösen. Eigentlich hat Musik gar keinen Nutzen für die Menschheit und doch ist es etwas sehr zentrales und kultur- und nationenübergreifendes. Alle lieben es.
Olivia: Ihr seid sehr kreative Menschen. Seid ihr auch an einer anderen Form von Kunst interessiert?
Theo: Ja klar, eigentlich an allem! Wir als Band haben die Chance alles Mögliche zu tun. Wir können unsere eigenen Musikvideos produzieren und auch das ganze Artwork können wir selbst mitbestimmen. Das macht grossen Spass. Es ist sehr schön, dass wir die Möglichkeit haben uns auf verschiedene Arten auszudrücken und auf verschiedene Arten kreativ zu sein.
Miriam: Mit all diesen Optionen, habt ihr die Möglichkeit eine ganze „Hurts-Welt“ zu erschaffen.
Theo: Genau, alle Elemente helfen einander um zu einem grossen Gesamtbild zu kommen.
Olivia: Jeder Ton hat eine Farbe und jede Farbe hat einen Ton. Welche Farbe hätte eure Musik?
Adam: Ich finde diese Frage sehr interessant. Wenn ich Musik mache, sehe ich persönlich die Musik in Farben. Ich finde, einen Song zu schreiben, ist ähnlich wie ein Bild zu malen oder ein Foto zu schiessen. Manche Farben harmonieren und funktionieren gut miteinander, andere wiederum eher nicht.
Theo: Ich sehe unsere Songs auch als Farben. Das fällt mir auch immer auf wenn wir Musikvideos drehen und es darum geht unsere Musik zu visualisieren. Ich habe ein Bild im Kopf – ich weiss auch nicht warum – aber meistens besteht dieses aus zwei Farben. Keine Ahnung was das auslöst und warum das so ist, aber die Farben sind da. Vielleicht wäre unsere Musik Violett. Violett ist eine sehr starke Farbe und würde glaube ich, sehr gut zu uns passen.
Miriam: Für mich haben die Wochentage auch jeder seine Farbe. Ich weiss auch nicht warum…
Theo: Ja das stimmt! Jeder hat so eine Art Agenda/Map der Woche im Kopf. Manche Menschen sehen das als runde Form und manche eher im Kreuz, manche denken horizontal, manche vertikal. Ich weiss auch nicht warum. Es ist komisch, wenn man sich darüber genauere Gedanken macht… Aber auch sehr interessant.
Miriam: Von welchem Song würdet ihr gerne behaupten er wäre von euch?
Theo: Von einem anderen Artist? Oh, wow, das ist sehr schwierig!
Adam: Hmm… Vielleicht „Unchained Melody“ von Righteous Brothers. Das ist einer der berühmtesten Songs aller Zeiten. Wenn ich einem Menschen von einem anderen Planeten, die Schönheit von Musik zeigen müsste, würde ich wahrscheinlich diesen wählen. Er ist sehr schön und gleichzeitig so simpel. Jedoch pur in seiner Emotion.
Theo: Ich stimme zu. Dieser Song ist sehr bekannt. Schon fast so bekannt, wie eine religiöse Hymne. Alle kennen ihn und jeder hat ihn schon gehört. Das ist einer dieser Popsongs welcher viel Kraft hat und zeitlos ist.
Miriam: Ihr als leidenschaftliche Musiker hört bestimmt auch gerne Musik. Kennt ihr diese Lieder, die einem in einer Zeit begleiten und so eine Art „Soundtrack“ für einen Zeitabschnitt werden? Wenn ja, gibt es einen solchen, welcher euch beim Entstehen von „Surrender“ geprägt und begleitet hat?
Theo: Wir haben oft Fleetwood Mac gehört als wir das Album produziert haben. Das ist sehr leichte, simple Musik, welche wir schon immer mochten.
Miriam: Ich stelle mir das schwierig von, wenn du den ganzen Tag deine Musik machst, dann nach Hause kommst und dir Musik von einem anderen Künstler anhörst?
Theo: Ja sicher! Das ist schrecklich. Wenn ich am Songwriting bin, dann höre keine Musik von anderen Künstlern, welche ähnliche Musik machen. Das schlimmste was man tun kann, ist Musik von der Lieblingsband zu hören. Dann hat man eh das Gefühl, das man nicht gut ist. Man sollte aus dem Studio gehen und denken, dass man gerade einer der Besten Songs überhaupt geschrieben hat. Aber wenn man dann einen Prince-Song im Radio hört, hat man das Gefühl, man sei einer der schrecklichsten Bands die je existiert hat.
Adam: Ich habe das Problem, dass wenn wir gerade nicht an neuer Musik arbeiten, ich dann einen Song höre, der mir gefällt, irgendetwas inspiriert mich darin. Dann würde ich am liebsten nach Hause gehen und damit etwas auszuprobieren und es auf meine Art und Weise umsetzen. Ich kann fast keine Musik hören ohne zu überlegen, wie der Künstler das wohl gemacht hat oder wo man so etwas in der Art einbauen könnte. Also für mich ist Musik hören jedes Mal eine komische Erfahrung.
Theo: Am einfachsten ist es, wenn man sich Musik von einer Stilrichtung anhört, die komplett anders ist als die eigene Musik. Aus diesem Grund höre ich ziemlich viel Hip-Hop. Da gibt es keinen Weg wie mich das irgendwie beeinflussen könnte, weil ich das einfach so höre und nicht mehr als okay finde. Manchmal hören wir zu viel Popmusik und dann kann es sein, dass Adam verunsichert wird und denkt das ist besser als unsere Musik.
Miriam: Welches ist eure Lieblingsband?
Adam: Depeche Mode
Theo: Kings Of Leon
Olivia: In euren Songs geht es oft um Liebe und Verlust, was glaubt ihr, ist das stärkere und intensivere Gefühl?
Theo: Oh, das ist eine gute Frage. Wahrscheinlich eine der besten die wir je hatten. Gleichzeitig aber sehr schwierig darauf zu antworten. Ich denke beide Gefühle brauchen einander. Du kannst Liebe nicht stark spüren wenn du sie erfahren hast. Du spürst aber auch keinen Verlust wenn du keine Liebe kanntest. Es ist wichtig beides im Leben zu erfahren und auch extreme Emotionen zu fühlen, denn genau so ist das Leben. Besser so, als in der Mitte zu gehen und gar nichts zu fühlen.
Miriam: Wenn ihr jeden Tag eine Stunde geschenkt bekommen würdet. Wie würdet ihr diese nutzen?
Adam: An welcher Tageszeit würde ich die Stunde bekommen?
Miriam: Das ist deine Entscheidung.
Adam: Eine Stunde mehr in der Nacht wäre gut. Die Nachtzeit macht mehr Spass, in der Nacht ist man einfach kreativer. Eine Extrastunde in der Nacht um mehr Musik zu machen wäre super.
Theo: Heute würde ich die Stunde nützen um mehr Interviews zu geben.
Olivia: „…I know I’m a fool for not trying…“, eine Zeile aus dem Song „Wish“. Glaubt ihr daran, dass man es mindestens versuchen sollte, seine persönlichen Wünsche und Träume erreichen? Kennt ihr das Gefühl selber, vielleicht eine Chance verpasst zu haben weil man zu früh aufgegeben hat?
Theo: Ja, zu hundert Prozent. Das ist entscheidend im Leben. Es ist besser beim Versuchen zu sterben als es gar nicht erst zu versuchen. Ich denke das ist sehr wichtig für die Menschen. Du kannst kein Leben leben, ohne etwas zu bereuen. Du kannst bereuen etwas getan zu haben, aber du würdest es noch mehr bereuen wenn du es nicht einmal versucht hättest. Ich denke, je älter man wird, desto mehr bereut man es, wenn man etwas nicht zumindest versucht hat. Das schlimmste ist, wenn man sich wünscht etwas versucht zu haben, es aber nicht gewagt hat.
Miriam: Ist es schwierig, das Private auch wirklich privat zu halten? Macht das manchmal den Alltag komplizierter oder wird es irgendwann „normal“?
Theo: Hmmm… für uns ist es eigentlich sehr einfach, privat zu bleiben. Wir sind sehr private Personen. Wir leben in London und London ist eine Stadt, in der man sehr schnell verschwindet. Da gibt es so viele, verschiedene Menschen. Da kann man gut in der Masse untertauchen,
Miriam: Wenn man zurück zum Start eurer Karriere geht. Hat sich mit dem Erfolg nicht auch euer Privatleben verändert?
Theo: Am Anfang war es schon sehr ungewöhnlich für uns. Wir kamen von einem Ort, an dem uns niemand kannte. Es hat niemanden interessiert wie wir aussehen und wer wir sind. Als dann das erste Album kam und plötzlich jeder wusste wer wir sind, war es schon fast ein bisschen beängstigend. Jetzt wissen wir sehr wohl damit umzugehen, aber es ist manchmal immer noch sehr aussergewöhnlich.
Adam: Es ist auch schräg von Ort zu Ort zu gehen, eine Show nach der anderen zu spielen und jeder weiss wer du bist. Dann kommst du nach Hause, kaufst dir in einem Shop Milch und niemand weiss etwas von dir. Oftmals wechselt das alles sehr schnell. Wenn wir als Band herum reisen ist es immer Laut und wir werden erkannt. Sobald wir dann aber wieder zu Hause sind, ist alles still. Manchmal ist das schon sehr komisch. Beides ist jedoch sehr schön und wir sind sehr glücklich damit.
Interview: Miriam + Olivia Ritler