ARTNOIR11 – Der Fragebogen
Ausgefüllt von: Vanja Vukelic von Mama Jefferson.
Persönliche Homepage: vanjavukelic.com
Zum elften Geburtstag von ARTNOIR haben wir diversen Frauen aus dem Schweizer Musikgeschäft einen Fragebogen zur Bestandsaufnahme zugestellt.
Eine Übersicht zu allen Teilnehmerinnen gibt es hier.
Vor allem bekannt als Rockmusikerin, stellt sich Vanja Vukelic auf ihrer Homepage so vor: „Ich bin Vanja, freischaffende Bassistin und Musikerin. ich mag Spinat, lange Spaziergänge am Strand und natürlich E-Bass. Etwas verrückt im Kopf und mit einem Hang dazu, die Welt einen etwas noch tolleren Ort machen zu wollen, freue ich mich immer darüber, neue menschen kennenzulernen und teil verschiedener musikalischer Projekte zu sein.“
ARTNOIR: Unser Musikmagazin wird elf Jahre jung. Was war für dich in diesem Alter wichtig?
Vanja: Fussball und ganz viel draussen sein.
Wohin wird sich die Musikwelt – oder allgemein unsere Gesellschaft – im nächsten Jahrzehnt bewegen?
Das kommt darauf an, wie viele Leute bewusst unterwegs sind und die Zeit zum Reflektieren und Verändern benutzen, oder alles beim Alten lassen.
Ich erhoffe und wünsche mir und bin momentan sehr optimistisch, dass wir das Ruder noch herumreissen können. Es wird in den Medien zwar immer über die „negativen“ Dinge berichtet, in unserer Gesellschaft geschehen aber genauso viele gute Dinge und Veränderungen. Unser Bewusstsein geht wieder mehr in die Nachhaltigkeit, ins soziale Gefüge, in alternative Lebens- und Beziehungsformen und in die Verlangsamung unseres schnellen Tempos. Viele Menschen fragen sich, was wirklich wichtig ist und verändern in ihrem Mikrokosmos ganz viele Dinge zum Guten. Darum glaube ich, dass in den nächsten Jahrzehnten ein grosses Umdenken stattfinden wird.
Was in der Musikwelt geschehen wird kann ich mir momentan nicht genau vorstellen, wenn aber unser Denken ändern wird und nicht mehr alles für selbstverständlich genommen wird, wird es auch die Musikwelt tangieren und vielleicht schaffen wir ein neues Miteinander und weniger Gegeneinander.
Wie weit planst du selber voraus – eine gesamte Dekade oder ist alles Zufall?
Ich habe in der Vergangenheit für meinen beruflichen Weg (auch mit Mama Jefferson) immer langfristig geplant, das heisst in der Musikbranche für ca. drei Jahre und privat für etwa ein Jahr. Momentan befinde ich mich in einem Umbruch, weil ich gemerkt habe, dass wir seit unserer Zeit im Kindergarten immer alles planen. Die Gesellschaft, Kultur, Familie verlangen von uns eine Optimierung, Ziele zu schaffen und «etwas zu erreichen». Das kackt mich an. Deswegen habe ich mich entschieden, mein Leben zu entschleunigen und mehr im Jetzt zu sein. Beruflich weiss ich nur noch, was bis nächsten Sommer läuft und privat weiss ich was vor allem, heute ist. Das gibt mir ein unglaublich gutes Gefühl.
Was waren deine Highlights in den vergangenen Jahren?
Die Gründung unserer Band Mama Jefferson. Ich habe ein paar wunderbare Menschen getroffen, welche meine momentanen Wegbegleiter sind. Mein Hund Mascha der mir per Zufall zugelaufen ist. Der Wegzug ins Bündnerland, neues Zuhause.
Die Schweizer Musikszene – an was denkst du, wenn du diesen Begriff hörst?
Ich denke an unglaublich talentierte Menschen, mit wunderbaren Ideen, welche aber auch ein bisschen mehr Eier haben dürften, sich ihrer Sache sicher zu sein. Man sollte sich selber ein bisschen mehr feiern und sich getrauen dürfen, in die weite Welt rauszuschwirren und im Schaffen wild und authentisch zu sein.
ARTNOIR versucht, die Kunst der Musik in ihrer grossen Vielfalt abzubilden. Was fehlt für dich in unserem Magazin?
Ich denke offene Kritik und mehr Unverblümtheit. Ich lese oft positive Berichte und wenn etwas nicht so toll war, dann wird es in der Schweizer Art gesagt – also ganz vorsichtig. Auf keinen Fall soll man etwas niedermachen, aber ich denke, ihr dürft mehr polarisieren, traut euch. Wenn etwas toll war dann bitte noch mehr abfeiern, wenn was Mittelmass war, dies ehrlicher kommunizieren.
Welche Stilrichtungen / Genres oder Künste liegen dir besonders am Herzen?
Alle, welche von Herzen aus agieren, ihrer Berufung nachgehen und authentisch sind. Ich möchte mich nie in irgendwelchen Genres und Künsten festlegen, denn ich finde überall wo Menschen am Werk sind, welche ihrer Intuition und Kreativität freien Lauf lassen, packt es mich unglaublich.
Zu guter Letzt: Was sollte endlich gesagt werden?
Joghurt hat keine Beine!
Vielen Dank, dass du zur Vielfalt in der Musik und dem Leben beiträgst.
Interview: Michael Bohli