Autor: Stephen Witt
Titel: How Music Got Free
Verlag: Eichborn
ISBN: 978-3-8479-0590-5
VÖ: 13. August 2015
Webseite: luebbe.de
Viele von uns erinnern sich noch an die Zeit, als der Kauf eines Albums gut durchdacht und das Geld mühsam zusammengespart werden musste. Doch was genau führte dazu, dass wir heute ohne zu überlegen, mit nur ein paar Mausklicks und ohne Bezahlung an neue Musik kommen?
„How Music Got Free“ fokussiert grösstenteils auf drei Schlüsselpersonen: Ingenieur Karlheinz Brandenburg, den Vater des MP3-Formats; Doug Morris, im Laufe seiner Karriere CEO bei allen grossen Musiklabels; und Dell Glover, Mitarbeiter eines CD-Presswerks.
Am aufschlussreichsten ist die Geschichte um Karlheinz Brandenburg und sein Team. Die Forscher bewegten sich im Gebiet der sogenannten Psychoakustik – sie nutzt Unzulänglichkeiten des menschlichen Gehörs aus, um Information zu komprimieren. Und dafür hörte Brandenburg auch hunderte Male „Tom’s Diner“ von Suzanne Vega durch.
Etwa zur gleichen Zeit stieg Doug Morris in die obersten Ränge der grossen Musiklabels auf. Er hatte ein ausserordentliches Gespür für junge Talente, die sich gut verkaufen würden. In der CD-Ära bedeutete das gut und gerne ein Jahressalär von 10 Millionen – und darum ignorierte er auch das Geschehen rund um das neue MP3-Format.
Und schliesslich war da Dell Glover. Als Arbeiter in einem CD-Presswerk war es ihm möglich, tausende von Alben vor ihrer Veröffentlichung hinauszuschmuggeln. Und so führte eins zum anderen – aus kleinen Websites mit 20 Songs zum Download wurden ganze Archive, Filesharing-Software verbreitete sich und niemand wusste, wen man verklagen konnte.
„How Music Got Free“ ist ein gut recherchiertes Buch mit sorgfältig zusammengetragenen Hintergrundinformationen. Auch humorvolle Seitenhiebe gegen Künstler und Anwälte fehlen nicht. Und in jedem Fall regt es zum Nachdenken an – war die Bereicherung der Plattenfirmen gerechtfertigt? Wäre die Piraterie uninteressant gewesen, wenn sie selbst Downloadsoftware in Verbindung mit MP3-Playern entwickelt hätten? Oder war schlussendlich alles die logische Folge menschlicher Gier?
Text: Cornelia Hüsser