City Slang / VÖ: 5. Januar 2024 / Indie, Garage
www.sprintsmusic.com
Text: Michael Messerli
Ist das der New Noise? Sprints wurden schon vor dem Jahreswechsel als das nächste heisse Ding für 2024 gehandelt. Die nachfolgenden Zeilen beschreiben, warum man diese Ansicht nicht unbedingt teilen muss. Aber auch das darf man vorwegnehmen: Das Debüt der Band aus Dublin ist stark und «Letter To Self» hat tolle Botschaften. Es gelingt ihm, etwas Positives aus dem Negativen zu ziehen und Selbstakzeptanz zu fördern. Man muss es nicht abfeiern, weil die Songs für sich genommen zwar meistens sehr gut funktionieren, sich aber über alle elf Stücke hinweg eine gewisse Gleichförmigkeit breitmacht. Und das fängt schon mit dem Einstiegstrio an, Geschwister im Geiste und das nicht nur, weil in «Ticking» tatsächlich auf Deutsch von Familie die Rede ist. Sängerin Karla Chubb wuchs teilweise in Deutschland auf.
Spontan muss man bei Sprints aber zunächst an Wales denken. Von da kam nämlich einst eine Band, die ihre aufregenden Stilmittel auf dem Debüt komplett ausreizte und sich dann leider gleich wieder auflöste. Was sich bei Estrons damals anhörte, als ginge es um Leben und Tod, fühlt sich bei Sprints mehr wie eine tickende Zeitbombe an. Das erwähnte Trio zu Beginn zählt die Zeit runter und dann? Geht das Ganze nicht hoch (ausser vielleicht kurz in «Cathedral»), sondern in Verzweiflung auf («Shaking Their Hands»). Es gibt also keine Initialzündung. «Letter To Self» ist verletzlicher und weniger hymnenhaft als es Press Club sind, in «Literary Mind» sind sich die beiden Bands aber nahe.
Bei Sprints klopft zusätzlich der Teufel an die Türe, sitzen einem die Dämonen im Nacken oder bereits auf den Schultern. Karla Chubb meidet sie, indem sie mental auf Abstand geht und sie immerzu beobachtet. Natalie Foster von Press Club hingegen lädt sie zum Tanzen auf die Bühne ein. Für einen Hype taugen Sprints deshalb nicht und das ist mittelfristig auch gut so. Schliesslich will man nicht, dass sie – wie Estrons – nach dem Debüt bereits wieder verschwinden. Man wäre nämlich gerne dabei, wenn die Bombe dann tatsächlich noch hochgeht. Runtergezählt wurde auf «Letter To Self» ausgiebig genug.