Loma Vista Recordings / VÖ: 24. Juni 2022 / Indie
soccermommyband.com
Text: Michael Messerli
Tove Ditlevsen schrieb im zweiten Teil ihrer Kopenhagen-Trilogie über die Jugend: «Das Jungsein ist ein vorübergehender, zerbrechlicher und unbeständiger Zustand. Er muss überwunden werden, einen anderen Sinn hat er nicht». Das Verlangen, endlich erwachsen zu sein, der Armut zu entkommen und selber über seine Zukunft entscheiden zu dürfen. Die Dänin wollte – mehr als alles andere – diesen Schritt mit Gedichten schaffen. Sophie Allison hatte ihre Jugend knapp hinter sich gelassen, als sie mit 20 Jahren das Debüt «Clean» veröffentlichte und damit zu einer der Speerspitzen des Bedroom-Pops wurde.
Ein Unterschied zwischen Ditlevsen und Allison besteht darin, dass die dänische Schriftstellerin als Jugendliche nie ein Zimmer hatte, in das sie sich hätte zurückziehen können. Mit Coming-of-Age werden diese Geschichten in Film, Literatur und Musik umschrieben und oft genug vermutet man dahinter jugendliches Drama. Oft genug sind es aber vor allem psychische Probleme – oder schwierige Verhältnisse.
Sophie Allison hat sich mit ihrer Musik längst von Klischees emanzipiert, bietet der Musikindustrie die Stirn und hat trotz ihrem Perfektionismus akzeptiert, dass die guten und schlechten Dinge oft gleichzeitig existieren. Es mag dann eine Frage der Gewichtung oder der Differenzierung sein. Der Albumtitel «Sometimes, Forever» spielt auf diese Gleichzeitigkeit an. Der Song «Darkness Forever» hingegen schlägt sich klar auf eine Seite. Jenseits des Bedroom-Pops heisst das für ihr drittes tolles Album in Folge, dass Soccer Mommy den Fächer nochmals breiter aufmachen, ihn um neue spannende Elemente erweitern, ohne den Kern des Songwritings zu verleugnen.
Zum ersten Mal überraschen sie einen mit «Unholy Affliction», das entfernt an Portishead erinnert und aufgreift, was oben beschrieben wurde: «I don’t want the money/ That fake kind of happy/ That sink in the river/ Before I let it have me/ But I want perfection». Das zweite Mal überraschen sie im bereits erwähnten «Darkness Forever», das in eine ähnliche, aber sehr viel entrücktere Kerbe schlägt. Als Kontrast dazu folgen mit «Don’t Ask Me» Reminiszenzen an die 90er und «Shotgun» hat sowieso die coolste Strophe sowie den hinreissendsten Refrain. «Feel It All The Time» klopft einem nochmals sehr angenehm auf die Schulter, bevor sich Soccer Mommy verabschieden und sich Sophie Allison mit «Still» wieder mit traurigen Gedanken allein in ihr Schlafzimmer zurückzieht. «Sometimes, Forever» mag nicht perfekt sein. Aber es biedert sich auch niemandem an.