Eigenveröffentlichung / VÖ: 16. Juli 2021 / Progressive Rock, Art Rock
smalltape.net
Text: Michael Bohli
Ganz allein hat Philipp Nespital sein neues Album «The Hungry Heart» nicht gestemmt, die Besetzungsliste zählt ganze zwölf Namen. Hinter dem Progressive-Rock-Projekt smalltape steckt aber die Vision eines Musikers, der mit seinem letzten Album «The Ocean» in der Prog-Welt viel Begeisterung ausgelöst hatte und einige Bestenlisten anführen durfte. Das dritte Werk wird diesen Zustand erneut erreichen, sind die knapp 70 Minuten an Klang und Komposition mitreissend und beeindruckend. Von zweiminütigen Songs bis zu einem 21 Minuten andauernden Longtrack wird alles geboten.
Wenn am Ende von «Dissolution» das Saxofon den Fusion ins Album holt, hat man mit smalltape nicht nur einiges erlebt, sondern diverse Stimmungen und Instrumente erfahren dürfen. «The Hungry Heart» ist moderner Art-Rock der Marke The Pineapple Thief, verbindet Pop und Prog wie es Steven Wilson vor einigen Jahre getan hat und würde sich im Labelumfeld von Kscope perfekt einfügen. Als Intro und Steigerung fungiert der Titeltrack, nahtlos erweitert «The Golden Siren» das Feld mit elektronischen Klängen, düsterem Gesang und wunderbaren Harmonien. Yes-ähnliche Gesänge haben auf der Scheibe Platz, direktes Riffing sowieso.
Streicher, Bläser und die Marimba machen die Kompositionen vielseitig und greifbar, vom perkussiv lauten «Burning house» bis zum verletzlichen «Our Desert» beherrscht smalltape alle Stimmungen. Sogar Sprechgesang und Piano-Passagen dürfen sein, die Rockmusik ist bunt, facettenreich und angenehm komplex. Damit bringt uns der Künstler auf «The Hungry Heart» schwierige Themen wie Rassismus, Gender und mentale Gesundheit näher, absurd-fantastische Märchen sollen andere im Prog-Meer besingen. Geerdet und trotzdem voluminös, das Album ist eine beachtliche Arbeit und sollte von niemandem verpasst werden, der sich im Modern Prog wohlfühlt.