Nuclear Blast Records / VÖ: 20. Mai 2022 / Symphonic Death Metal
septicflesh.com
Text: David Spring
Orchester und Death Metal gehen Hand in Hand. Du willst, dass deine Teufelsanbetung noch böser klingt? Schmeiss ein paar dissonante Bläser in den Mix. Die epische Todespassage des Protagonisten ist nicht boshaft genug? Eine traurige Streichermelodie ist das, was gefehlt hat. Entsprechend wirken Orchester-Parts im Metal oft wie ein Gimmick. Will man es richtig machen, gehört die Orchestrierung mit in den Songwriting-Prozess und wenn möglich, nimmt man sich am besten die ganze Philharmonie der Stadt Prag als sechstes Bandmitglied dazu.
Genauso haben es die griechischen Death Metal-Heroen von Septicflesh auf ihrem Werk „Modern Primitive“ gemacht. Die Zusammenarbeit mit der Prager Philharmonie gehört seit einiger Zeit zum festen Bestandteil des Sounds, Gitarrist Christos Antoniou hat nicht umsonst einen Master in Konzertmusik, und auf dem elften Album wird die unheilige Allianz in neue Höhen getrieben. Der Opener „The Collector“ eröffnet typischerweise mit nahöstlichen Gitarrenklängen, bevor die Band samt Orchester reinhaut. Wenn Sänger/Bassist Seth Siro Anton mit seinen abgrundtiefen Growls einsetzt, läuft es einem kalt den Rücken herunter.
Septicflesh verstehen es wie keine andere Band, Atmosphäre zu erzeugen. „Self Eater“ führt den waghalsigen Spagat zwischen Bombast und brutalem Metal perfekt aus. Die Instrumente des Orchesters, die so detailliert und feinfühlig in die Songstruktur eingewoben wurden, erwirken zusammen mit den fetten Riffs einzigartige Klangbilder. Ein weiteres Element ist der nur spärlich, dafür umso effektiver eingesetzte cleane Gesang von Gitarrist/Keyboarder Sotiris Annunaki V. Einige Register höher als Seth setzen seine Vocals fantastische Akzente, im Titeltrack zum Beispiel singt er den Refrain und erinnert sehr an Daron Malakian von System Of A Down, dass man kurz prüfen muss, ob sich nicht ein Gastbeitrag eingeschlichen hat.
Wem all das bombastische Gedöns nicht in den Kram passt, ist bei Septicflesh an der falschen Adresse. Die epischen Orchesterparts gehören zum Sound der Griechen und heben die Band vom Gros vieler Death Metal-Bands ab. Mit „A Dreadful Muse“ ist nach 40 Minuten das Ende erreicht und die Band zieht nochmals alle Register. Hochfliegende Gitarrenleads, erdrückende Streicher und Weltuntergangs-Vibes schliessen das Album fulminant ab. Septicflesh gehören nicht umsonst zu den Meistern ihres Fachs, „Modern Primitive“ überzeugt auf ganzer Linie.