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Band: Scarlet Soho
Album: Warpaint
Label/Vertrieb: Major
Veröffentlichung: 16. Oktober 2009
Website: www.myspace.com/scarletsohouk
Geschrieben von: Luke J.B. Rafka
Kinder der 80er aufgepasst! Hier kommt die Retroscheibe des 21. Jahrhunderts…
Reunions sind ja bekanntlich immer wieder Mode, aber dass es auch mit den Styles der Musik so ist, ist ein neues Phänomen. Obgleich die 80s niemals ausgestorben sind, werden sie immer wiederbelebt. Just in dem vorliegenden Album “Warpaint“ von den Südengländern Scarlet Soho.
Irgendwie habe ich hier ein Promopaket vorliegen, welches nicht wirklich eines ist. Im Normalfall finde ich eine CD mit Cover und dementsprechenden Infoblatt vor, allerdings trifft es hier einmal mehr minimalistisch ein. Keinerlei Informationen über das Album und deren Macher. Dass heisst als für mich meine Recherchen ein wenig ausweiten, um hier auch die richtigen Worte über eine Band zu liefern, die es verdient hat, würdig erwähnt zu werden.
Also, sogleich im Netz der Welt gesucht und natürlich auch fündig geworden.
Bei Scarlet Soho handelt es sich um ein Trio aus dem Süden Englands. Seit 2000 spielten zuerst Jim und Scarlet zusammen, bis sich irgendwann Stu an den Keys dazugesellte. Als Support von IAMX spielten sie mehrere Live-Acts und ergatterten die erste Popularität. 2004 bekamen sie ihren ersten Plattenvertrag und veröffentlichten das Debüt “Divisions Of Decency“. Wenn man aber jetzt meint, die Jungs machen Musik ähnlich wie IAMX, dann täuscht man sich gewaltig. Im ersten Moment passen sie zu den Electrojüngern, aber beim zweiten Hinhören entpuppt sich nicht selten gehörter 80s Flair, den der Hörer sicherlich in den heutigen Tagen seltener gehört hat.
Sucht man weiter nach Informationen zum Album “Warpaint“ dieses Trios, dann findet man z. B. bei Google immer wieder das kuriose VÖ-Datum 27.03.09. Ja, es stimmt, es wurde zu diesem Zeitpunkt tatsächlich veröffentlicht, aber auch just im Oktober gab es einen Re-Release. Aus welchem Grunde ist mir bei der Suche nach mehr Informationen leider nicht aufgefallen.
Mit “I Dare“ startet ein von Up-Temponummern gejagter Longplayer in die Zeitreise der 80er Jahre Ikonen Depeche Mode, Human League oder auch Duran Duran. Ohne Zweifel fallen dem Hörer diese von Erfolg gekrönten Namen der 80er Jahre Heroes ein. Dieser Style zieht sich – wie der bekannte rote Faden – durch den Silberling, mal mehr DM lastig, dann lauscht man fast den damaligen Klängen von Duran Duran um im nächsten Song erneut Human League heraus zu hören. Leider nichts Neues auf dem Album, aber einfach nur eine geniale Huldigung an diese alte Zeit. “Model Control“ bremst ganz und gar nicht das Tempo – eher im Gegenteil wird hier mehr und mehr auf das Pedal gedrückt. Ebenso hitverdächtig wie all die anderen Songs dieses Longplayers kommt es daher.
Der Hörer weiss bei diesem Hörgenuss einfach nicht, was er wirklich lieber machen soll. Tanzen, mitsingen oder sich einfach nur diesem Retrogefühl hingeben.
Wie bereits erwähnt, jagt hier eine Up-Temponummer die andere ohne Langweilig zu wirken. Und das mit diesem 80er Flair, wie er wirklich seinerzeit klang. Kinder der 80er sind sie allemal und können mit diesem Sound wirklich umgehen. Bis “Under Strict Surveillance“ geht es flott weiter, bis mit diesem Track endlich mal eine ruhigere Nummer erscheint. Aber die Pause war nur kurz, denn es folgt gleich “Speak Your Mind“ gekonnt mit den analogen Syntheinlagen. Ich fühle mich wirklich in die alte Zeit zurück versetzt. Ich bin jung – der Jubel bleibt nicht lange bestehen, denn ich merke, dass meine Knochen dieses wilde 80er-Tanzen nicht mehr so exakt hinbekommen.
Mit “Satellites“ kommen die Depeche Mode Jünger und A-HA Freunde auf ihre Kosten. Ich finde irgendwie eine geniale Mischung aus den beiden Acts trifft in die Melodien dieses Stückes ein. Weiter geht es dann mit “Is Growing Up The Best That We Can Do?“, welcher wieder typisch 80s-like daher kommt und auch wieder flotter klingt. Ich erinnere mich an die klassischen Discokugeln an den Decken der Rollschuldiscos oder Eishallenpartys, die super interessanten FoKuHila-Frisuren, die seltsam zusammengestellten Farben in der Kleidung usw usf.
Irgendwie fühle ich mich jetzt danach, meine alte Domestosjeans oder gar die Vanillahose herauszusuchen, dazu meine schwarzen Adidasschuhe mit den pinkfarbenen Schnüren und mein rasierter Kopf mit dieser pinkfarbenen Strähne mitten ins Gesicht. Wirklich eine Zeitreise in die alte Jugend. “Lights Out London“ klingt nicht weniger hitverdächtig und gute Laune produzierend wie die anderen Tracks des Albums. Als ich das Album zum ersten Mal im Auto auf den Rückweg vom Büro nach Hause hörte und im Stau stand, wippte ich nur so auf dem Fahrersitz und mein Kopf wackelte unerhört hernieder wie der eines Wackeldackels. Ich hätte mich sicherlich nicht gerne im Spiegel gesehen, so ulkig musste es ausgesehen haben. Aber meine Stimmung erhöhte sich in 89er Ekstase, wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Menno, damals hatte ich noch nicht einmal einen Führerschein und jetzt sitze ich im absoluten Stau…
Nun sind wir schon bei den letzten beiden Stücken angekommen, die zugleich als Bonusstücke des Albums produziert wurden. Schön minimalistisch erinnere ich mich bei “Modern Radio“ an “Just can´t enough“ oder “Photographic“ von Depeche Mode, während ich bei “Electric Fence“ eher an Human League denken muss, wie sie bei der damaligen Musiksendung Formel 1 sind…
Ein gelungenes Retrowerk im 21 Jahrhundert, welches absolut eine Gute-Laune-CD ist und einem dem Spass an den Tag zurück bringt, obwohl es gerade dunkel düster gewittert.
Meine absoluten Highlights dieses Albums sind “Model Of Control“, “This Nausea“, “Speak Your Mind“, “Is Growing Up The Best That We Can Do?“ und “Lights Out London“. Natürlich nicht zu verachten ist der absolute Knallerhit “Modern Radio“ im neuen Gewand als Bonustrack, der bereits auf dem Debüt zu hören war und mich absolut an Passagen aus “Just can´t get enough“ oder “Photographic“ der legendären Depeche Mode erinnert. Wunderbar frisch!
Yours Luke
Tracklist:
01 I Dare
02 Model Of Control
03 Analogue Dialogue (Kill The Beat)
04 Cyclone
05 This Nausea
06 Under Strict Surveillance
07 Speak Your Mind
08 Satellites
09 Is Growing Up The Best That We Can Do?
10 Lights Out London
11 Modern Radio (Bonus)
12 Electric Fence (Bonus)
Band-Member:
James (vox / guit)
Scarlet (bass / vox / keys)
Stu (keys)