mon petit canard / VÖ: 28. Januar 2022 / World Rock, Psychedelic
saitun.ch
Text: Michael Bohli
Bescheiden gehen Saitün auf ihrem Debütalbum nicht vor. Die Instrumente verbinden sich zu einem Rock-Orchester, die Klänge stapeln sich, es braust und vibriert. Nicht nur im instrumentalen Zwischenspiel «Al`Asri», sondern bei allen Tracks auf «Al‘ Azif». Viele Ecken der Welt haben ihren Beitrag für diese Veröffentlichung geleistet, kulturelle und klangliche Einflüsse findet man in den Kompositionen zuhauf, verantwortlich zeichnen sich dafür aber vier Musiker aus Basel. Verrückt? Bei weitem nicht so stark, wie Abdul Alhazred es war, als er die «Kitab Al’Azif» verfasste. In der westlichen Welt wurde diese später als «Necronomicon» bekannt.
Nein, viel Wahrheit findet man in den Schriften nicht, schlussendlich stammt alles aus dem Gehirn von H. P. Lovecraft. Bei Saitün aber ist die Musik greifbar und psychedelisch aufgenommen, voller Wirbelstürme und abenteuerlichen Ideen. Kämpfe gegen Monster wie den Cthulhu müssen keine ausgefochten werden, viel eher laden orientalische und afrikanische Melodien zum Tanz ein. «ADHD» lässt die Temperatur steigen, «Sanatorium» zelebriert die wilden Gitarrenmomente und explodiert im Refrain. Und nein, «Show Me What You Got» ist kein Ausflug mit Rick & Morty, sondern ein episch-konfrontativ angelegtes Lied.
In Kompositionen wie «Stomach Is A Graveyard» ist es perfekt herauszuhören, wie sich Saitün im Kulturerbe der weiten Welt bedient haben, ohne pietätlos zu sein. Psychedelic und Garage Rock mit nordafrikanischen und arabischen Facetten, «Kitab» liebt den grossen Raum und «Coban» macht King Gizzard & The Lizard Wizard den Hof. Als Debüt ist «Al‘ Azif» sehr beachtlich und regt zu Diskussionen über Word Music und Reibungsflächen an, von den zehn Stücken kriegt man so schnell nicht genug.