Autor: Jim Ruland
Titel: Do What You Want – Die Bad Religion Story
Verlag: Hannibal
ISBN: 978-3-85445-690-2
Übersetzung: Paul Fleischmann
40 Jahre Bandgeschichte sind keine unbedeutende Errungenschaft. Erst recht nicht für eine Punkband der ersten Stunde und damit eine der wegweisendsten und einflussreichsten Gruppen der Rockmusik überhaupt. Die Mannen von Bad Religion gehen seit nunmehr vier Dekaden unbekümmert ihren eigenen Weg, auf welchem sie sich eine riesige, weltweite Fangemeinde erarbeitet haben. Höchste Zeit also für eine offizielle Biographie.
Mit „Do What You Want – Die Bad Religion Story“ hat sich Musikjournalist Jim Ruland der monumentalen Aufgabe angenommen, die etlichen Besetzungswechsel, siebzehn Alben und unermüdlichen Touren in Worte zu fassen. Angefangen mit den frühen Schulzeittagen der jungen Punks Greg Graffin, Jay Ziskrout und Brett Gurewitz im San Fernando Valley in Kalifornien führt uns Ruland durch sämtliche Abschnitte dieser bewegten Karriere. Von den ersten Proben und Gigs, über das legendäre Album „Suffer“, welches eigenhändig das zweite Zeitalter des Punks einläutete, bis hin zu den heutigen Tagen und dem 2019er Album „Age Of Unreason“, es wird keine Etappe ausgelassen. Dabei kommen viele der Protagonisten zu Sprache und es werden auch die unschöneren Geschehnisse wie Gurewitzs Drogenkonsum, Jays Alkoholprobleme oder die enorme Brutalität der LA-Punkszene in den Neunzigerjahren nicht verschwiegen.
Tönt dies alles etwas sehr nach Standartware und weniger nach einer solch beständig kreativen Band? Dieser Eindruck trügt leider nicht. Die Biographie umfasst 350 Seiten und versucht dabei, die Story der Band chronologisch einzufangen. Dabei kommt leider vieles zu kurz, vor allem der Bezug zu den Liedern und der Musik. Bezeichnend ist zum Beispiel, dass die Alben „New Maps Of Hell“ und „The Dissent Of Men“ beide im selben Kapitel abgehandelt werden. Dies liest sich mitunter wie eine etwas ausführlichere Wikipedia-Seite. Ähnlich verhält es sich mit den Introduktionen der zahlreichen Bandmitglieder, die die Band neben Gurewitz, Graffin und Ziskrout über all die Jahre vervollständigt haben. Etwas Hintergrundinfo zur Herkunft, dem musikalischen Schaffen und wie man zur Band gestossen ist, alles auf ein bis zwei Seiten, mehr Information gibt es nicht.
Das Buch liest sich somit zwar fliessend, aber ich wurde den Eindruck nie los, dass man der Tiefe und Bedeutung von Bad Religion nicht ansatzweise gerecht wird. In Zeiten von Wikipedia und Social Media drängt sich die Frage auf, ob man denn ein solches Buch wirklich braucht. Ich kann nicht sagen, dass ich während der Lektüre nichts neues über Bad Religion erfahren habe, für eine Band mit so eingefleischten und passionierten Fans aber fühlt sich alles etwas zu schal an. Kann ich das Buch trotzdem empfehlen? Durchaus, denn es ist gut geschrieben, schön übersetzt und bringt einem die Band näher. Aber Bad Religion sind eine Gruppe, die stark von ihrem Tiefgang, ihrer Ironie und Intelligenz leben, dass ein solch oberflächliches Buch einfach nicht auf ganzer Linie zu überzeugen vermag.
Text: David Spring