Sixteentimes Music / VÖ: 28. April 2023 / Stoner Rock
richkidblue.ch
Text: Torsten Sarfert
Obwohl sich die Hardcore-Fans des sogenannten „Stoner“ Genres schon seit jeher gegen diese von der Plattenindustrie erdachten Schublade gewehrt haben, ist eine gewisse Nähe des Genres zu bewusstseinsverändernden Substanzen nicht ganz von der Hand zu weisen. Dies legt auch das Albumcover des ersten Longplayers der Basler Formation Rich Kid Blue nahe. Einem düsteren Vulkanausbruch gleich, schleudert ein Torso mehrere weit aufgerissene Augen aus seinem Hals, flankiert von diamantenähnlichen Objekten. Eine durchaus krasse und psychedelische aber bestens zum Albumtitel „Overload“ passende Optik.
Es verwundert somit nicht, dass in den Lyrics die Überlastung in Form von Erfahrungen persönlicher Überforderung („Overload“), Paranoia und Ohnmacht („Madness“) verarbeitet und die Grausamkeit und Verlogenheit der Menschheitsgeschichte („Humanity’s Darkness“) als Ganzes thematisiert wird. Rich Kid Blue spielten acht heftig rockende Tracks in verschiedenen Moods und Grooves ein und schaffen so in den meist trockenen Riff-Wüsten immer mal wieder willkommene Oasen der Abwechslung. Konrad Venetz‘ mächtige Gitarrenriffs verschmelzen mit den schweren Beats von Drummer Philippe Fasel und den Basslines von Stefan Kaiser zu Songs auf durchgängig hohem Energie-Level. Das Ganze wird dann von Sänger Marc Obrist mit rauchiger und whiskey-getränkter Stimme noch ein Stück weiter in eigene Sphären getragen. Einflüsse wie Kyuss und Monster Magnet sind sowohl unüberhörbar als auch gewollt. Wände aus Fuzz und Distortion hauen der feierwütigen Hörerschaft immer mal wieder den melodischen Ellenbogen ins Gesicht, weichen aber gerne auch, wie zum Beispiel in „Dark Valley’s Death“, kurzzeitig zugunsten akustischer Gitarre und Orgel (übrigens eingespielt von Labelmate Niklaus Brunner aka Mono Mojo) zurück.
Um die rohe und hohe Energie der Songs in fokussierte Bahnen zu lenken, leisteten sich die Rich Kids dann noch eine besondere Personalie: Dual-Sänger und Gitarrist Jeff Henson setzte sich in seiner Red Nova Ranch an diverse Knöpfe und Geräte und hob mit seinem Mix und Mastering das Album klangtechnisch auf internationales Niveau. Ausserdem liess er es sich nicht nehmen, auf „When The Light Goes Out“ gleich selbst noch ein Gitarrensolo beizusteuern.
Rich Kid Blue stehen seit 2012 zusammen im Proberaum, Studio und auf der Bühne, haben bereits zwei EPs veröffentlicht und sich quer durch Europa die Bühnen mit Bands wie Karma To Burn, Triggerfinger, Red Fang und Mother’s Cake geteilt. Dass das Debütalbum erst mehr als 10 Jahre nach ihrer Gründung erscheint, ist natürlich mitbedingt durch die Pandemie, aber auch durch simplen Arbeitskräftemangel. Sänger Marc Obrist steuert nämlich seit 2017 seine Backing-Vocals dem international tourenden Basler Black-Metal-Gospel Act Zeal & Ardor bei. Da kann schon mal was liegen bleiben. Jedoch hat ein einträglicher Job im Musik Business auch seine Vorteile und Marc konnte sich den Traum seines eigenen Studios verwirklichen, was dann wiederum der Produktion des Albums der Kids zugute kam. Good things come to those who wait!
Aller Widrigkeiten und Überlastungen zum Trotz ist „Overload“ kein überladenes, sondern vielmehr ein sehr homogenes und abwechslungsreiches Album geworden, das nicht nur in der Schweizer Stoner-Szene ein schwer rockendes Ausrufezeichen setzen wird.