Hellcat Records / VÖ: 4. Oktober 2024 / Brit-Stuff
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Text: Torsten Sarfert
Rat Boy müssten eigentlich Rat Boys heissen, denn seit ihrem neuen Album „Suburbia Calling“ firmiert Namensgeber Jordan Cardy mit seinen drei Mitmusikern offiziell als Band. Eine Band mit einem verwirrenden Namen zwar, laut Cardy aber jetzt zu spät, sich noch umzubenennen. Aber dies nur am Rande.
Der das komplette Cover einehmende, zerfledderte Union Jack und der Kreis um das „A“ in Rat Boy geben bereits Hinweise auf den Inhalt: very british und (mindestens) ein ausgestreckter Mittelfinger. Mit einem Amalgam aus feinstem 2-Tone à la Specials und Madness, einer Prise Dub-Reggae à la frühe UB40, strassen-kredibelem Hip Hop à la The Streets (Stephen Streets fungierte auch gleich als Co-Produzent) und geschmackvollem 60s Punk-Pop à la The Kinks, schicken sich die „Essex Men“ an, das nächste grosse Ding aus Grossbritannien zu werden. Vergesst den lauwarm aufgegossenen Hype um die megalomanischen Manchester-Misanthropen – hier kommen Rat Boy! Und „Take My Place“ ist ohnehin der beste Song, den Oasis nie geschrieben haben.
Sozialkritische Inhalte über Bandenkriminalität, Gentrifizierung, Turbokapitalismus und Brexit, aber auch mal eine leichtfüssige Hymne an den Lieblingsmenschen, wie bei „She’s The One“, runden den dritten, offiziellen Longplayer der suburbanen Freunde auf beachtlich hohem Niveau ab. Ganz nebenbei ist der Albumtitel ausserdem eine Referenz an das ikonische Album einer weiteren vielzitierten und prägenden Band: „London Calling“ von The Clash. Es ist kaum zu erwarten, dass Rat Boy in diesen Zeiten einen ähnlichen Stellenwert wie ihre Helden einnehmen werden. Verdient hätten sie es mit „Suburbia Calling“ jedoch allemal. Aber wer weiss, denn wie heisst es doch so schön im gleichnamigen Song?: „The Best Is Yet To Come“.
Für mich persönlich müsste jedenfalls ein musikalisches Wunder geschehen, um Rat Boy noch von der Pole Position meiner Lieblingsalben 2024 zu verdrängen.