Hummus Records / VÖ: 31. März 2023 / Singer-Songwriter
quentinsauve.com
Text: Michael Messerli
Grösser könnte der Kontrast zwischen den Soloalben von Quentin Sauvé und der Band Birds In Row, in der er Bass spielt, kaum sein. Mit ihr hat er letztes Jahr «Gris Klein» veröffentlicht, das eindringlichen Post-Hardcore im Stil der The-Wave-Bands beinhaltet – und das auf einem Niveau, so dass man in diesem Genre nicht mehr um sie herumkommt. Als Solokünstler hingegen schlägt er deutlich ruhigere Töne an, loopt diese live und singt mit glasklarer Stimme. Kürzlich war er unter anderem im Vorprogramm von Brutus zu sehen. Auch hier war der Kontrast gross. Aber es passte. Das liegt nicht nur an seinem virtuosen Gitarrenspiel und dem intimen Gesang. Es hat vorwiegend mit seinen Kompositionen zu tun, die wie bei Brutus oder Birds In Row keinem bestimmten Schema folgen. Der Singer/Songwriter aus Laval, Frankreich, spielt geschickt mit den geschichteten Arrangements, den Harmonien und den eingeflochtenen Zwischentönen.
Das erinnert im guten Sinn an das zweite Album von Julien Baker, manchmal ganz besonders an «Forget Where We Were» von Ben Howard und hat trotzdem eine eigene Note. Die einzige Schwachstelle sind die englischen Texte. Das Problem ist dabei nicht der Inhalt. Sie drehen sich um sehr persönliche und traurige Themen. Stellenweise wirkt es aber ein bisschen so, als würde das Runde nicht ins Eckige passen, was auch mit der etwas mangelhaften Aussprache zu tun hat. Das war schon auf dem bereits überzeugenden Debüt «Whatever It Takes» so und fällt auch auf «Enjoy The View» auf. Das Gute ist: Zum einen lässt sich daran arbeiten und zum anderen kann man es mit der Zeit ausblenden.
Besonders in den vielen starken Momenten, dort wo die Intensität überhandnimmt («Horizon»), die Gitarre den Raum füllt («Tunnel») oder eine simple, geklopfte Perkussion den Song trägt («Reflections»). Nicht gelingen will es bei «Punches». Quentin Sauvé macht alleine weitaus variablere Musik, als man das auf Anhieb gleich merkt. Auch deshalb sticht «Loophole» als etwas klassischere Nummer heraus, die aber mitten ins Herz trifft und vieles in sich vereint, was «Enjoy The View» auszeichnet. Danach setzt er sich noch kurz ans Klavier («Nostalgia») und zum Schluss schiebt «Random Streets» zuerst für drei Minuten ganz sachte die Tür zu, nur um dahinter den ganzen Schmerz dieses Albums für ein letztes bleibendes Bild auf sie zu projizieren.