Kscope / VÖ: 31. August 2018 / Art-Rock
pineapplethief.com
Text: Michael Bohli
In einer Welt, in der alles und alle konstant verbunden sind, wird nicht nur die Privatsphäre unterschlagen, sondern auch viel Menschlichkeit vergessen. Kein Wunder also, findet Musiker Bruce Soord seine Ruhe oft dann, wenn er diese Verbindungen trennt und die Zeit alleine geniesst. Genau diesen Zustand spricht er mit „Dissolution“ an, dem neusten Album seiner Band The Pineapple Thief. Kein einfaches Thema, allerdings ein perfekt passender roter Faden zu dem oft melancholischen Art-Rock der Band aus England – und Gedankengänge, die geschickt von den Kompositionen aufgenommen werden.
Dass alles wunderbar schlüssig und perfekt ausbalanciert klingt, ist auch dem Schlagzeuger Gavin Harrison zu verdanken. Ehemals bei Porcupine Tree tätig, spielt der Musiker seit dem Album „Your Wilderness“ mit The Pineapple Thief und ist nun fest dabei. Das führt zu virtuosen Songs wie „Threatening War“, trägt das Prog- und Rock-Erbe geschickt weiter („Uncovering Your Tracks“) und ist immer vorzüglich produziert. Allgemein ist die Truppe wieder direkter und lauter geworden, wagt sich an konkrete Gitarrensongs („Far Below“) und vermengt dies mit den sentimentalen Texten. Schön ist, dass die Experimente und Eigenheiten der Lieder dabei nie in Vergessenheit geraten.
The Pineapple Thief haben sich in den letzten Jahren einen klaren Stil erarbeitet, der auch mit „Dissolution“ weitergezogen wird. Gegenseitiges Anspornen und der Wechsel zwischen langen und kurzen Stücken zeigt eine gefestigte Band mit einem Album ohne Fehler. Nur fehlen mir persönlich etwas die emotionalen Höhepunkte, zu selten kosten die Musiker die Einfälle aus oder werden aufbrausend – es fehlt die Gänsehaut. Was nicht unbedingt ein Fehler ist, schliesslich zeigt insbesondere das elf Minuten lange „White Mist“ das Spektrum dieser Gruppe, und das ist gross. Man kann also locker behaupten, hier eine der wichtigsten Experimental-Rock-Gruppen der modernen Zeit anzuhören.