Bad Seeds Ltd. / VÖ: 9. September 2016 / Alternative Rock
nickcave.com
Text: Michael Bohli
Die Hölle ist das Fehlen von Menschen, die man liebt. Was in einem grossartigen Buch als Zusammenfassung für die schwierige Erklärung des Daseins stand, könnte auch als Leitsatz in grossen Buchstaben auf dem Cover des neuen Albums von Nick Cave & The Bad Seeds geschrieben stehen. Der Künstler vertont auf dem neusten Grosswerk „Skeleton Tree“ die wohl dunkelsten Stunden voller Verlust und Trauer – doch eine Reduktion der Musik auf den tragischen Verlust von Caves Sohn wäre unverdient. Kunst steht immer über solchen Ebenen und transportiert das simple Dasein der Menschen in höhere Zustände.
Klar, Lieder wie „Jesus Alone“ oder „I Need You“ wären ohne diesen Welten erschütternden Vorfall wohl nie in dieser Form entstanden. Nick Cave singt und spricht sich mit tief gesenktem Haupt, aber nie ohne Hoffnung oder Kraft durch die kryptischen Texte. Begleitet wird er von seinen Bad Seeds, stark reduziert in ihrem Klanggewand und geleitet von Warren Ellis. Klavier und Keyboard spielen schwere Melodien, Chorgesang untermalt wunderbare Gitarrenläufe. „Skeleton Tree“ ist in seiner Ausführung ein leises Album, ein Werk, das Aufmerksamkeit fordert und vor unglaublicher Schönheit schier unsere Herzen bersten lässt. „Rings Of Saturn“ ist ein perfekter Song, den man so viel zu selten in der Musikwelt antrifft.
Nick Cave & The Bad Seeds sind auch 2016 weiterhin ein heller Stern am überladenen Firmament der Musik. Gekleidet in schwarz, durchflutet von Liebe und ein Paradebeispiel für intelligenten und alternativen Rock ist „Skeleton Tree“ eines dieser Alben, dass sich einer abschliessenden Bewertung entzieht. Jeder muss für sich die emotionellen Erfahrungen machen, die Melodien und Bässe spüren und mit Cave Geschichten durchleben. Und da schliesst sich der Kreis mit weiteren Worten, die ein bestimmtes Buch adaptiert hat: Widerstand ist ungenügend.