Eigenveröffentlichung / VÖ: 7. Juni 2024 / Punk, Electro
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Text: David Spring
Hast du dich schon einmal gefragt, wie die legendären Wir Sind Helden klingen würden, wenn Sie nur €100 Budget, eine kaputte Beatmaschine und unmenschliche Mengen an Aufputschmitteln zur Verfügung gehabt hätten? Nein? Nein Danke!
Genauso heisst nämlich auch die Band, um die es heute geht. Nein Danke sind ein Duo aus Neuwied in der Nähe von Koblenz und sie machen Hymnen für den verlorenen Kampf und Party zum Weltuntergang. Nadine singt meistens säuselnd melodiös während Adnan mit dem Schlagzeug über vorproduzierte Vollgas-Beats hämmert. Lo-Fi-Garage-Geballer, das mal überraschend eingängig, mal so krude wie nur möglich aus den Boxen scheppert. Die Devise lautet «warum schnell spielen, wenn man auch schneller spielen könnte». Schon der Opener «Was auch sonst» jagt deinen Puls mit ohrenbetäubenden Synth-Bässen in schwindelerregende Höhen. Wer sich in der Musik von Gruppen wie Pisse, Kochkraft Durch KMA oder Ideal zu Hause fühlt, wird hier glücklich werden.
«Ich bin nicht genug» und das grossartige «Ich mag keine Menschen» zeigen bald schon die wahre Stärke von Nein Danke. Während ersterer noch mit gefühlten 300bpm durch die Kopfhörer ballert, kann zweiterer mit etwas weniger Tempo, dafür umso mehr Melodie und glorreich dadaistischer Instrumentierung überzeugen. Vor allem ist es Nadines interessanter Gesang, der neben all dem Geschrammel an vergangene NDW-Zeiten erinnert. So sanft und süsslich sie klingt, die Texte sind weit von unbeschwert belanglosen Alltagsthemen und nostalgischer Phrasendrescherei entfernt. «Was geht dich das an» zum Beispiel thematisiert toxische Männlichkeit auf pointierte Art und Weise, «Immer denken» wiederum wendet sich nach innen und stellt die äusserst nachfühlbare Frage, weshalb man sich immer alles kaputtdenken muss.
Dabei erinnern viele der Melodien und Effekte an lange vergangene Tage. Die Musik von Nein Danke hat diesen wohligen Effekt, dass man sich beim Hören in der Zeit zurück versetzt fühlt. Die Synthies klingen direkt einer angekokelten VHS-Kassette entnommen oder wie aus einem Endgegner-Level eines alten Super Mario Spiels zu SNES-Zeiten. Dabei gelingt es dem Duo immer wieder, für Abwechslung zu sorgen und nie zu sehr auf dem Nostalgie-Abstellgleis stehenzubleiben. Am besten sind die Songs, wenn sie, wie zum Beispiel das abschliessende, wundervolle «Illusion», in eher loungeige Gefilde abdriften und die melancholischen Texte erst so richtig zur Geltung kommen.
Wir müssen uns nichts vormachen, Nein Danke ist nicht für alle. Zu harsch und unnahbar ist die Herangehensweise, zu bizarr dieser Mix aus Hyperspace-Geschwindigkeit und säuselnden Melodien. Doch wer sich darauf einlässt, wird belohnt. Langweilig wird es bei dieser interessanten Platte nie. Wenn dir also dein morgendlicher Kaffee schon lange nicht mehr hilft, in die Gänge zu kommen, dann leg Nein Danke auf. Damit stehst du in Nullkommanichts kerzengerade im Bett, verwirrt, entfremdet und verstört, aber sowas von ready für einen weiteren Tag voller Abenteuer und Aufregung in unserer belanglosen Existenz.