Band: Nadja Zela
Album: Greetings To Andromeda. Requiem
Genre: Folk / Rock / Alternative
Label: Patient Records
VÖ: 13. November 2020
Webseite: nadjazela.com
Andromeda, altgriechisch in Gedenken eines Mannes. In der Mythologie, eine weibliche Opfergabe. Grüsse in Gedenken eines Mannes, gesendet von seiner Frau die im Opfer dazu beinahe ihre Musik verlor. In diesem Titel steckt die ganze Geschichte dieses 75 minütigen Konzeptalbums. Ein Totengedenken im nicht ganz klassischen Sinne. Eben ein Rock-Requiem das nicht ganz einfach zu beschreiben und zu verdauen ist.
Zusammengefasst erfahren wir die Wiederfindung der Kreativität der Zürcher Musikerin Nadja Zela nach dem plötzlichen Herztod ihres Mannes. Aus dem Leben gerissen und aus der Spur gefallen, verlor die Musikerin den Bezug zu den Klängen und ihrer Stimme. Erst über klassische Requien fand sie wieder einen Zugang zur Musik. Konnte wieder langsam aufbauen und beschloss schliesslich selbst ein Requiem zu schreiben. Entstanden ist dieses einmalige Werk.
„Greetings To Andromeda. Requiem“ beginnt wahnsinnig sanft. Man würde Traurigkeit vermuten, erhält jedoch eine gebrechliche Mischung aus Zuversicht und Hoffnung. Die Opener „Hail Andromeda“ und „Big Black Holes“ sind die Wegbereiter, das Introitus. Aufbereiter für den folgenden Abschiedsprozess und die Wiederfindung der – ja der was? Hoffnung, Lebenswille, Liebe oder einfach eines anderen Seins?
Es folgen Szenerien schwerer Gefühlslagen. Alles scheint kompliziert und verfahren. Instrumental umgesetzt in schwerfälligen und langgezogenen Parts. Mal elektronisch unterlegt wie in „Sun God“ dann ganz leicht psychedelisch angehaucht bei „Eye Of The Storm“ bis „Brickman“ dieses Dreiergespann abschliesst. Ein schon beinahe nervenaufreibendes Stück. Ein pausenloses Klingeln durchzieht den mäandernden Gesang. In der Hoffnung, dass auf der anderen Seite jemand doch noch den Hörer ergreifen und antworten möge. Doch der Klang versiegt. Es scheint ein stetes Flehen heraufzubeschwören bevor so etwas wie Akzeptanz eintritt. Für Letzteres steht eines der zwei Stücke die im Dialekt gesungen werden. „All“ wird umrahmt von zwei reinen instrumentalen Stücken „Fanfare“ und „Ghostdog And Moonbird“. Allein durch diese Umrahmung erscheint das Stück wie ein Bruch in der gefühlten Stimmung. In der Form eines Falken erhebt sich die Zuversicht oder immerhin die Bereitschaft los zu lassen und vorwärts zu schauen. Diese Deutsch gesungenen Stücke „All“ und später „Au nümm da“ sind denn auch starke Wendepunkte in diesem Requiem.
Zuvor jedoch geht es leichter weiter. „Endless Sleep“ trägt eine von den Drums getragene bluesige Note. „Back to God’s Country“ im Anschluss ist ein lieblich schönes Werk dass eine mittlerweile nötige Leichtigkeit versprüht. Die Wiederentdeckung von Freude? Unbedingt eine belebende Wirkung. Ein wiederum starkes Drumset, welches sich traumhaft in der Schnelligkeit aufbaut und der Stimme von Nadja Zela dennoch den nötigen Raum lässt um im Schluss wieder in der Sanftheit zu verschwinden.
Der scheinbare Aufbruch wird in „Waterwall“ und dem folgenden „Cover My Face“ erneut gestoppt. Stille stellt sich ein. Ein Rückfall, allerdings weniger der Traurigkeit gewidmet denn vielmehr, so scheint es, der Gelassenheit. Auch diese zwei Stücke betten sich lieblich ein. Letzteres, schon fast im Post Rock endend, überführt wahrnehmungslos und geschmeidig zu „Space Invader“, welches seine Jazzspuren hinterlässt bevor ein Harmonium in seiner Atmung liebkosend wärmt und weiter reicht zum saitengetriebenen „Wanna Be with You“, dass ungestillte Sehnsucht und Erkenntnis ausstrahlt.
Das bereits erwähnte „Au nümm da“ ist denn schliesslich das letzte Herzstück dieses Experiments. Es widerspiegelt all die bereits gefühlten und gehörten Zustände. Eine tieftraurige Fröhlichkeit die in hoffnungsloser Zuversicht aufgeht und sich dennoch in einer bremsenden Depression verliert. Ein nun wahrhaftig angenommener Schmerz ohne im Opfergefühlt zu versinken als vielmehr in sich langsam einstellender Gleichgültigkeit ertragbar zu werden. Ein kräftezehrendes Ding vor dem endgültig Abschied nehmenden „Travel With Starlight“ dass nochmals ganz langsam den unüberschaubaren Mix dieses Requiems versprüht um schlussendlich alles frei zu geben und zu erkennen: „the end is a beginning“.
„Greetings To Andromeda. Requiem“ ist ein prächtiges Konzeptwerk dass sich vollends hingibt im Chaos des Lebens und der Unwiderruflichkeit des Sterbens. Es lässt dies alles eindrücklich erspüren und erfahren. Ein Werk dass in seinen Klängen Emotionen und Gefühle heraufbeschwört und beängstigend tief ins Innenleben sinken lässt. Ein sanftes aber gleichwohl eindringliches Spiel mit dem Unaussprechlichen – dem Tod, den wir nur zu gern vergessen lassen, obwohl er ständig begleitet. So sind wir seit unserer Geburt dem Sterben näher denn dem Leben und leben dieses Sterben in der Traurigkeit, der Trägheit des Diesseits und dem steten Warten auf das nicht wissende Ende und den ahnenden Neubeginn. Aber auch – und dies gehört eben so zum Tod – dem Dasein der allgegenwärtigen Hoffnung, der Zuversicht des Lebens selbst, welches nur im Tod reine Freiheit bedeutet und der Liebe, jener ausschliesslichen und exklusiven Verbindung vom Diesseits ins Jenseits.
„Greetings To Andromeda. Requiem“ – eine Hommage an einen geliebten Menschen, geteilt mit uns allen.
Tracklist:
1. Andromeda
2. Big Black Holes
3. Sun God
4. Eye Of The Sun
5. Brickman
6. Fanfare
7. All
8. Ghostdog And Moonbird
9. Endless Sleep
10. Back To God’s Country
11. La Poupée
12. Waterwall
13. Cover My Face
14. Space Invader
15. The Return Of Sun God
16. Wanna Be With You
17. Au nümm da
18. Travel With Starlight
Bandmitglieder:
Nadja Zela – Gesang, Gitarre und Harmonium
Fisch – Schlagzeug und Perkussion
Michel Lehner – Bass und Gesang
NIco Feer – Gitarre
Text: Sebastian Leiggener